Entwarnung – zumindest zum Teil: Der aus Kometentrümmern bestehende Schwarm der Tauriden birgt weniger Gefahr für die Erde als befürchtet. Denn der Trümmerschwarm beherbergt wahrscheinlich weniger kilometergroße Asteroiden als angenommen, wie neue Beobachtungen ergeben haben. Wie die Astronomen ermittelten, könnte das Ursprungsobjekt dieser Trümmer zudem eher gut zehn Kilometer statt wie zuvor gedacht gut 100 Kilometer groß gewesen sein. Zwar bedeutet das noch keine komplette Entwarnung, das Risiko hat sich jedoch verringert.
Auch wenn viele potenziell gefährliche Asteroiden bekannt sind und engmaschig überwacht werden: Im erdnahen Raum kreisen noch unzählige größere und kleinere unerkannte Brocken. Immer wieder kommt es daher vor, dass Asteroiden erst Stunden vor ihrem nahen Vorbeiflug oder sogar einem Einschlag entdeckt werden. Viele dieser Objekte kommen aus Richtung Sonne und sind deshalb schwer zu sehen, andere verbergen sich in Staub- oder Trümmerwolken beispielsweise von Kometen.
Was verbirgt sich im Tauriden-Schwarm?
Ein möglicher Kandidat für verborgene, potenziell gefährliche Asteroiden ist der Tauriden-Schwarm – der umfangreichste Trümmerschwarm des Sonnensystems. Diese ausgedehnte, in mehrere Ströme gegliederte Wolke entstand nach gängiger Annahme, als vor rund 10.000 Jahren ein mehrere Dutzend Kilometer großer Komet zerbrach. Aus einem größeren Fragment entstand der Komet 2P/Encke, der die Sonne auf einer gut drei Jahre dauernden Bahn umkreist und dabei auch nahe an der Erde vorbeikommt.
Die kleineren Trümmer des Ursprungsobjekts bilden den Tauriden-Schwarm, dessen Ausläufer alljährlich im Herbst von der Erde durchflogen werden und dann für den Sternschnuppenregen der Tauriden sorgen. Anders als bei den meisten Meteorschauern treffen dabei nicht nur Staubkörnchen die Erdatmosphäre, sondern auch kieselgroße und auch größere Fragmente. Doch schon länger vermuten einige Astronomen, dass sich im Tauriden-Schwarm auch einige große Fragmente von hundert Meter bis einigen Kilometer Größe verbergen könnten.
Weniger Masse und weniger große Asteroiden
Wie groß das Risiko für solche verborgenen Asteroiden ist, haben nun Astronomen um Quanzhi Ye von der University of Maryland genauer untersucht. „Wir haben die sich uns bietende Chance genutzt, als dieser Schwarm der Erde besonders nahekam“, erklärt Ye. Mithilfe des Teleskops der Zwicky Transient Facility (ZTF) durchsuchten sie den Trümmerschwarm gezielt nach größeren Brocken und Stelen, an denen sich solche Asteroiden im dichten Staub verbergen könnten.
Das Ergebnis: „Glücklicherweise haben wir festgestellt, dass nur gut eine Handvoll Asteroiden dieser Größe im Schwarm versteckt sein können – wahrscheinlich nur neun bis 14 von ihnen“, berichtet Ye. Für mehr verborgene Asteroiden sei der Schwarm nicht dicht und massereich genug. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Ursprungsobjekt dieses Schwarms wahrscheinlich näher an zehn Kilometer als an 100 Kilometer Durchmesser war“, so der Astronom weiter. Das verringere auch die mögliche Zahl und Größe der Trümmerbrocken.
„Weiterhin wachsam bleiben“
Damit ist die potenzielle Gefahr durch den Tauriden-Schwarm zwar nicht ganz beseitigt, aber zumindest verringert: „Das Risiko, dass ein großer Asteroid aus dem Tauriden-Schwarm die Erde trifft, ist weit geringer als wir dachten. Das sind gute Nachrichten für die planetare Abwehr“, so Ye. „Wir müssen zwar weiterhin wachsam bleiben, aber durch diese Ergebnisse können wir nun zumindest ein wenig ruhiger schlafen.“ Die Astronomen planen bereits, den Tauriden-Schwarm in den kommenden Jahren noch genauer zu untersuchen.
„2025 und 20256 haben wir weitere Gelegenheiten, unsere Ergebnisse zu präzisieren“, sagt Ye. „Wir werden dann unsere wichtige Arbeit fortsetzen.“ Die durch diese Beobachtungen gewonnen Erkenntnisse seien nicht nur für die Asteroiden-Überwachung wichtig, sondern auch für die Asteroidenforschung allgemein. „Wenn wir den Tauriden-Schwarm erforschen, hilft uns das zu verstehen, wie kleinere Himmelsobjekte wie Kometen und Asteroiden entstehen und mit der Zeit zerbrechen.“ „Annual Meeting of the American Astronomical Society’s Division for Planetary Sciences, 2024)
Quelle: University of Maryland