Astronomie

Berühmter Brauner Zwerg ist ein Paar

Doppelnatur von Gliese 229B klärt Rätsel um fehlende Leuchtkraft

Braune Zwerge
Der Braune Zwerg Gliese 229B galt bisher als Einzelobjekt. Jetzt enthüllen Beobachtungen, dass es sich in Wirklichkeit um ein enges Paar kleinerer Brauner Zwerge handelt. © NASA/JPL-Caltech

Es sind Zwillinge! Der berühmte, schon vor 30 Jahren entdeckte Braune Zwerg Gliese 229B ist gar kein Einzelobjekt – es ist ein Zwergenpaar, wie neue Beobachtungen enthüllen. Demnach besteht das nur rund 19 Lichtjahre entfernte System aus zwei 34 und 38 Sonnenmassen schweren Braunen Zwergen, die sich extrem eng umkreisen. Das erklärt, warum Gliese 229B trotz seiner großen Masse so leuchtschwach erschien. Gleichzeitig wirft diese Entdeckung aber neue Fragen auf, wie die Astronomen in „Nature“ berichten.

Das Himmelsobjekt Gliese 229B ist eine Berühmtheit, denn es war 1995 der erste eindeutig identifizierte Braune Zwerg – einer Zwischenform von Planet und Stern. Diese „gescheiterten Sterne“ entstehen, wenn die Masse eines Protosterns nicht ausreicht, um die Wasserstoff-Kernfusion in seinem Inneren zu zünden. Gleichzeitig sind diese Objekte aber zu schwer, um noch als Planet zu gelten. Gängiger Theorie nach sind Himmelskörper zwischen 13 und 75 Jupitermassen daher Braune Zwerge.

Entdeckungsbild Gliese 229B
Das Entdeckungsbild von 1995: Der kleine, sich bewegende Lichtpunkt neben dem Stern Gliese 229 ist der Braune Zwerg. © NASA/ Caltech

Rätsel um zu schwache Leuchtkraft

Doch trotz seiner Berühmtheit gibt der Braune Zwerg Gliese 229B bis heute Rätsel auf: „Die hohe Masse von Gliese 229B widerspricht allen substellaren Entwicklungsmodellen, denn nach diesen müsste ein Objekt von 71 Jupitermassen seines Alters eine zwei bis 20-fach höhere bolometrische Leuchtkraft haben als wir messen“, erklären Jerry Xuan vom California Institute of Technology und seine Kollegen. Dies wecke Zweifel an den gängigen Modellen für die Massenbestimmung von Braunen Zwergen und großen Gasplaneten.

Um das Rätsel um Gliese 229B zu lösen, haben Xuan und sein Team nun den nahen Braunen Zwerg noch einmal fünf Monate lang ins Visier genommen – mit zwei besonders hochauflösenden Instrumenten des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile. Das GRAVITY-Instrument vereint die Daten der vier Teleskop-Einheiten mittels Interferometrie und erreicht dadurch eine besonders hohe räumliche Auflösung. Der Spektrograph CRIRES+ kann kleinste Verschiebungen im Lichtspektrum eines Himmelsobjekts sichtbar machen.

Es ist ein Paar!

Das überraschende Ergebnis: Gliese 229B ist nicht nur ein Brauner Zwerg, sondern gleich zwei – es hadelt sich um ein Doppelsystem. „Damit wissen wir jetzt, dass wir uns die ganze Zeit über die Natur dieses Objekts getäuscht haben“, sagt Xuan. „Es sind zwei statt eines. Aber wir konnten das bisher wegen ihres geringen Abstands nicht erkennen.“ Den Daten zufolge besteht Gliese 220B demnach aus zwei eher mittelgroßen Braunen Zwergen von 34 und 38 Jupitermassen.

Diese Doppelnatur von Gliese 229B klärt das Rätsel um seine fehlende Helligkeit: Weil die beiden Braunen Zwerge eher kühl und klein sind, ist auch die Leuchtkraft des Duos gering. „Die Entdeckung, das Gliese 229B ein Doppelsystem ist, löst den Widerspruch zwischen seiner Masse und Leuchtkraft und vertieft unser Wissen über Braune Zwerge“, sagt Koautor Dimitri Mawet vom Caltech.

Die beiden Braunen Zwerge Gliese 229 Ba und Bb umkreisen einander eng, während sie ihrerseits gemeinsam um ihren Zentralstern kreisen. © K. Miller, R. Hurt (Caltech/IPAC)

Ungewöhnlich geringer Abstand

Doch warum wurde das Doppelsystem vorher nie als solches nicht erkannt? Der Grund liegt darin, dass die beiden Braune Zwerge Gliese 229Ba und Bb nur 0,042 astronomische Einheiten voneinander entfernt sind – das entspricht nur dem rund 16-Fachen der Entfernung von der Erde zum Mond. Für sternenähnliche Himmelskörper sind sich diese beiden Braunen Zwerge damit extrem nah. „Ihr geringer Abstand macht sie zum engsten Paar Brauner Zwerge, das um einen Stern kreist“, schreiben die Astronomen.

Damit wirft das Zwergenpaar aber neue Fragen auf. Denn wie sich solche engen Paare Brauner Zwerge im Orbit um einen Stern bilden, ist bisher unklar. Astronomen vermuten, dass die Vorläufer dieser Objekte durch den lokalen Schwerkraft-Kollaps von Staub- und Gas in der Materiescheibe um einen jungen Stern entstehen – ähnlich wie wahrscheinlich auch der Jupiter und andere Gasriesen entstanden sind. Die jungen Braunen Zwerge driften dann entweder nachträglich aufeinander zu und werden zum Paar oder sind schon von Beginn an gravitativ gebunden.

Entstehung schwer erklärbar

Allerdings: Solche Modelle können extrem enge Paare wie Gliese 229B nur schwer erklären. „Diese Dichte-limitierte Fragmentierung beschränkt die ursprünglichen Abstände solcher Objekte auf mehr als zehn astronomische Einheiten“, erklären die Astronomen. „Das bedeutet, dass substanzielle dynamische und dissipative Prozesse nötig sind, um ein sehr enges Doppelsystem Brauner Zwerge zu bilden.“ Hinzu kommt, dass die Umlaufbahnen von Gliese 229 Ba und Bb leicht gegen die Rotationsachse ihres Zentralsterns gekippt sind – auch dies ist mit gängigen Modellen nur schwer zu erklären.

„Auch 30 Jahre nach seiner Entdeckung bringt uns Gliese 229B noch immer Neues über substellare Objekte bei“, konstatieren Xuan und seine Kollegen. Sie vermuten, dass auch einige andere ungewöhnliche massereiche Braune Zwerge in Wirklichkeit enge Paare sind. „Dies ist die aufregendste und faszinierendste Entdeckung in der substellaren Astrophysik der letzten Jahrzehnte“, sagt Rebecca Oppenheimer vom Caltech, die 1995 zu den Mitentdeckern von Gliese 229B gehörte. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-08064-x)

Quelle: Nature, California Institute of Technology

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