Medizintechnik

Neue Methode verbessert Allergie-Diagnosen

Zuverlässiger Bluttest ersetzt riskante Techniken bei Lebensmittelallergien

Kind sitzt vor einer Schale mit Erdnüssen
Insbesondere Kinder sind oft allergisch gegen Lebensmittel. Zu den häufigsten Allergenen zählen Erdnüsse. ©michellegibson/iStock

Allergienachweis im Labor: Forschende haben einen neuartigen Test entwickelt, der die Diagnose von Nahrungsmittel-Allergien vereinfachen und zuverlässiger gestalten soll. Dabei müssen Betroffene das vermeintlich allergieauslösende Lebensmittel nicht unter ärztlicher Aufsicht essen, sondern nur ihr Blut im Labor analysieren lassen. Eine klinische Studie mit Proben von Erdnussallergikern hat nun bestätigt, dass der Test funktioniert und genauere Ergebnisse liefert als herkömmliche Methoden.

Viele Menschen weltweit leiden unter Nahrungsmittelallergien. In einigen Ländern sind bis zu zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, meist Kleinkinder. Zu den häufigsten Lebensmittelallergien zählt die Erdnussallergie, die oft lebensbedrohliche Reaktionen wie Atemnot und einen anaphylaktischen Schock hervorruft. Um den Verzehr von Erdnüssen oder anderen Allergenen zu vermeiden, müssen die Betroffenen und ihre Familien beim Einkauf besonders aufpassen, vor allem aber von der Allergie wissen.

Um zu testen, ob und wie stark jemand auf ein Lebensmittel allergisch reagiert, wird bislang meist der sogenannte orale Provokationstest gemacht. Dabei müssen die Betroffenen das vermeintlich Allergen, etwa Erdnussextrakt, unter ärztlicher Aufsicht einnehmen. Das birgt jedoch gesundheitliche Risiken. Alternativ kann für Nahrungsmittelallergien wie bei Heuschnupfen und anderen Allergien auch ein Prick-Test durchgeführt werden, bei dem Allergene auf die Haut aufgetragen werden. Auch ein Bluttest ist möglich. Diese Techniken sind allerdings oft ungenau und falsch positiv, was zu Fehldiagnosen und unnötiger Nahrungsmittelvermeidung führen kann.

Blutprobe statt Essenstest

Ein Team um Noemi Bachmeier-Zbären von der Universitätsklinik Bern hat daher einen neuartigen Bluttest entwickelt. Dieser ahmt die allergische Reaktion im Labor nach und basiert auf den spezifischen Antikörpern, die Betroffene als Reaktion auf die Allergene im Blut gebildet haben. Diese Antikörper sind auf sogenannten Mastzellen des Immunsystems gebunden und gespeichert. Kommen diese erneut in Kontakt mit dem auslösenden Allergen werden sie aktiviert, setzen ihre Antikörper frei und lösen so eine übermäßige Immunreaktion aus – die allergische Reaktion.

„Bei dem von uns entwickelten Hoxb8-Mastzellaktivierungstest (Hoxb8 MAT), werden im Labor gezüchtete Mastzellen mit Blutserum von Allergikern in Kontakt gebracht“, erklärt Koautor Alexander Eggel von der Universitätsklinik Bern. Die Mastzellen binden dann zunächst die Antikörper aus dem Blut und werden dadurch sensibilisiert. „Anschließend können wir die Mastzellen mit verschiedenen Mengen der zu testenden Allergene stimulieren“, so Eggel. Daran, wie stark die Mastzellen dann auf die Allergene reagieren, lässt sich erkennen, wie allergisch ein Patient auf das getestete Allergen ist.

Erdnussallergie erfolgreich detektiert

In einer klinischen Studie haben die Forschenden nun die Wirksamkeit ihres 2022 entwickelten Tests geprüft. Dafür nahmen sie Blutproben von 69 Kindern und Jugendlichen mit bestätigter Erdnussallergie und einer gesunden Kontrollgruppe aus 27 Kindern und Jugendlichen. Die Mediziner sensibilisierten die im Labor gezüchteten Mastzellen mit den Blutproben und stimulierten sie anschließend mit verschiedenen Mengen an Erdnussextrakt.

Das Ergebnis: Die Proben der Allergiker in der Studie aktivierten tatsächlich zuverlässig die Labor-Mastzellen. Diese reagierten abhängig von der Allergendosis auch meist unterschiedlich stark. Die Blutproben der Kontrollgruppe aktivierten die Mastzellen hingegen zum größten Teil nicht. Falsch positive oder falsch negative Ergebnisse fanden die Forschenden kaum. „Aus diesen Daten konnte eine außergewöhnlich hohe diagnostische Genauigkeit von 95 Prozent berechnet werden“, erklärt Eggel.

Zuverlässiger und praktischer als herkömmliche Allergie-Tests

Zusätzlich verglichen Bachmeier-Zbären und ihre Kollegen die Resultate ihres Tests mit denen herkömmlicher klinischer Haut- und Bluttests zur Allergiediagnose. Dabei stellte sich heraus, dass der Hoxb8-MAT-Test weniger falsch negativen Resultate produzierte – eine allergische Reaktion also zuverlässiger anzeigte. Der neue Test hat demnach eine höhere diagnostische Genauigkeit als die bisher verwendeten Methoden.

Für Betroffene birgt der Bluttest kein Gesundheitsrisiko und liefert dennoch zuverlässige Ergebnisse, schließt das Team. Obendrein ist er praktisch: „Der zellbasierte Test war einfach durchzuführen und hat einwandfrei funktioniert. Innerhalb von zwei Tagen waren alle Proben gemessen, was sehr schnell war“, berichtet Koautor Thomas Kaufmann von der Universität Bern. „Der neue Test basiert zudem auf stabilem Blutserum, das mittels einfacher Blutentnahme abgenommen und anschließend im Gefrierschrank aufbewahrt werden kann. Dadurch fallen herausfordernde logistische Hürden, wie sie bei anderen Methoden (mit frischem Blut) auftreten, weg.“

Auch für andere Lebensmittelallergien nutzbar

Der Test könnte daher künftig sowohl Patienten als auch Ärzten die Allergiediagnose erleichtern. Die Forschenden haben ihre Technologie und Methodik bereits patentieren lassen und eine Spinoff-Firma gegründet, die den neuen Allergietest weltweit auf den Markt bringen soll. „Was in dieser Studie für die Diagnose von Erdnussallergien gezeigt wurde, kann auf einfache Art und Weise auch auf andere Allergien angewandt werden“, betont Kaufmann. Dies sollen nun Folgestudien belegen. (European Journal for Allergy and Clinical Immunology (Allergy), 2024; doi: 10.1111/all.16341)

Quelle: Universität Bern

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