Phänomene

Das Phänomen Zombie

Den willenlosen Untoten auf der Spur

Warum wir uns gern gruseln, wäre also geklärt. Bleibt noch die Frage nach dem „Wovor?“. Laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2022 fürchten sich die Deutschen am stärksten vor Zombies. Das könnte auch die Popularität von Serien wie „The Walking Dead“ oder „The Last of Us“ erklären, in denen die Protagonisten während einer Zombie-Apokalypse ums Überleben kämpfen und sich spektakuläre Verfolgungsjagen mit den willenlosen, aggressiven Untoten liefern. Was nach reiner Fiktion klingt, gibt es aber überraschenderweise auch in der Realität.

Zombie-Apokalypse
Wie realistisch ist eine echte Zombie-Apokalypse? © leolintang_iStock

Zombies mitten unter uns

In Form von Stechmücken oder Zecken hatte wahrscheinlich jeder von uns schon einmal Kontakt mit einem Parasiten. Sogenannte Neuroparasiten begnügen sich allerdings nicht mit ein Paar Tropfen Blut und ziehen dann wieder ihrer Wege. Sie dringen in die Nervenbahnen und das Gehirn ihres Opfers ein und machen es zu einem willenlosen Sklaven – einem Zombie.

So lässt der Kleine Leberegel (Dicrocoelium dendriticum) befallene Ameisen zum Beispiel an die Spitze von Grashalmen klettern, um sich dort von Weidetieren wie Kühen und Rehen fressen zu lassen. Nur in deren Körper kann der Schmarotzer zu voller Größe heranwachsen und eigene Eier legen.

Ein Zombie-Pilz mit Pandemie-Potenzial?

Ameisen sind auch die bevorzugten Opfer des parasitären Pilzes Ophiocordyceps unilateralis. Er zwingt die Sechsbeiner dazu, hoch gelegene Orte wie Bäume aufzusuchen und sich dort festzubeißen. Die Ameise verendet und aus ihrem Panzer wächst ein Fruchtkörper, der Sporen auf neue Opfer herabrieseln lässt.

Zombie-Ameise
Aus dieser Zombie-Ameise wächst ein Ophiocordyceps unilateralis-Pilz. © Pontoppidan et al./ PLoS One/CC-by 2.5

In der Serie „The Last of Us“ mutiert dieser Zombie-Pilz, wodurch er auch Menschen befallen kann. In Folge einer solchen Infektion werden die menschlichen Opfer hochaggressiv, verlieren nach und nach ihre Sinne und sterben schließlich. Doch keine Sorge: Ein solches Szenario ist höchst unwahrscheinlich, wie Infektionsforscher betonen. Ophiocordyceps verträgt nämlich keine Wärme und könnte daher nicht bei unserer Körpertemperatur überleben – wahrscheinlich nicht einmal durch intensive Mutationen.

Wenn der Parasit zum Selbstmord drängt

Es gibt allerdings auch Neuroparasiten, die es bis ins menschliche Gehirn schaffen, darunter der Toxoplasmose-Erreger Toxoplasma gondii. Schätzungen zufolge trägt ihn jeder dritte Mensch in sich. Eigentlich will T. gondii in die Gedärme von Katzen gelangen, um sich dort sexuell fortzupflanzen. Zu diesem Zweck rekrutiert er tierische Sklaven als Transportmittel – bevorzugt Mäuse und Ratten. Wenn T. gondii in ihr Gehirn vordringt, schaltet er dort die Scheu vor Raubtieren aus, wodurch sich die Nager bereitwillig fressen lassen und T. gondii seine Endhaltestelle erreicht.

Katze
Der Toxoplasmose-Erreger will in den Darm von Katzen gelangen und rekrutiert dafür geeignete „Transportmittel“. © Dr. Microbe/ iStock.com

Dass auch wir Menschen auf der Liste möglicher Transportmittel stehen, mag auf den ersten Blick unlogisch erscheinen. Doch vor langer Zeit wurden auch wir regelmäßig zur Beute von Katzen – zum Beispiel von Säbelzahnkatzen. Daher findet sich der Erreger auch in unserem Gehirn zurecht. „T. gondii verändert auch das menschliche Verhalten und könnte sogar an schweren mentalen Störungen beteiligt sein“, erklären die Forscherinnen Joanne Webster und Shelley Adamo.

So gibt es Hinweise darauf, dass sich bei Toxoplasmose-Infizierten die Reaktionszeit verlangsamt und die Risikobereitschaft erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, in einen Autounfall verwickelt zu sein, ist dadurch für Betroffene mehr als zweieinhalb Mal höher als bei Menschen ohne T. gondii-Einfluss. Auch könnte der Erreger an der Entstehung von Depressionen, Schizophrenie und Gedächtnisstörungen beteiligt sein. Häufig verläuft eine Toxoplasmose-Infektion aber auch gänzlich ohne Symptome.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. weiter
Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Halloween-Special
Expeditionen in die Welt des Gruselns

Halloween – Das Fest des Gruselns
Von Kürbisfratzen und Seelen auf Wanderschaft

Der Reiz der Angst
Warum wir uns so gern gruseln

Das Phänomen Zombie
Den willenlosen Untoten auf der Spur

Von Blutsaugern und Blitzen
Zu Besuch bei Dracula und Frankenstein

Der Pfusch der Geisterjäger
Was wissenschaftlich aussieht, ist es nicht immer

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Angst

Angst - Lebensrettend und krankmachend zugleich

Blutsauger - Zecken, Mücken und Co.: Kleiner Stich mit bösen Folgen