Live dabei: Forscher haben den Eisprung von Säugetieren erstmals vollständig unter dem Mikroskop gefilmt. Es zeigt sich, dass dieser komplexe Prozess in drei Phasen verläuft: Zuerst dehnt sich der Follikel aus, dann zieht er sich zusammen, bevor er schließlich aufbricht und die Eizelle freisetzt. Diese Erkenntnisse könnten neue Wege in der Fruchtbarkeitsforschung eröffnen.
Hormone auf dem Höhepunkt: Der Menstruationszyklus beeinflusst die Stimmung und das Verhalten von Frauen. Um die Zeit des Eisprungs kooperieren weibliche Personen beispielsweise weniger mit anderen Menschen und tragen mehr rote Kleidung. Doch auch Männer verändern ihr Verhalten gegenüber ovulierenden Frauen – denn zur Zeit des Eisprungs sind diese am fruchtbarsten.
Lebendzellmikroskopie mit Mausfollikeln
Wie der Eisprung jedoch im Detail verläuft, untersuchten nun erstmals Christoph Thomas vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI) in Göttingen und seine Kollegen. Dafür entnahmen sie aus dem Eierstock von Mäusen sogenannte Follikel, kleine “Bläschen”, in denen sich die Eizelle bildet.
Diese Mäusefollikel versetzten die Forscher mit Hormonen, die den Eisprung auslösen. Mithilfe von Lebendzellmikroskopie verfolgten sie den ablaufenden Eisprung anschließend „live“ unter dem Mikroskop. Mittels RNA-Sequenzierung verglichen sie zudem den „echten“ und den Labor-Eisprung.
Eisprung verläuft in drei Phasen
Dabei zeigte sich: Während des Eisprungs wurde mehr Hyaluronsäure im Follikel produziert. Durch diese Säure nimmt das Gewebe wie ein Schwamm Flüssigkeit auf und der Follikel schwillt an. Anschließend ziehen sich die Muskelzellen in der Follikelhülle zusammen und der Follikel „schrumpft“ wieder. In der letzten Phase wölbt sich die Oberfläche erneut nach außen und reißt schließlich auf – die Eizelle „springt“ aus dem Follikel und der Eisprung ist abgeschlossen.
Diese dreistufige Sequenz findet allerdings nur dann statt, wenn sowohl die Produktion von Hyaluronsäure im Follikel als auch die Kontraktion der Muskelzellen ungestört ablaufen. Blockierten die Forscher einen dieser Prozesse, blieb der Eisprung aus. Die RNA-Sequenzierung bestätigte außerdem, dass der Eisprung unter „normalen“ Bedingungen im Körper der Mäuse und der Eisprung im Labor gleich ablaufen.
Neue Erkenntnisse für die Fruchtbarkeitsforschung
Eine weitere Erkenntnis: Zwar lösten Hormone den Eisprung aus, doch danach lief der Prozess von allein weiter – und das unabhängig vom Eierstock. Das bedeutet, dass ein Follikel bereits alle für den Eisprung relevanten Informationen in sich trägt, erklärt Seniorautorin Melina Schuh vom MPI.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Eisprung ein bemerkenswert robuster Prozess ist“, so Schuh. „Mit unserer neuen Methode können wir und andere Forschende die Mechanismen des Eisprungs weiter untersuchen und hoffentlich auch für die Fruchtbarkeitsforschung beim Menschen neue Erkenntnisse gewinnen.“ (Nature Cell Biology, 2024; doi: 10.1038/s41556-024-01524-6)
Quelle: Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften