Marine Arzneilieferanten: Das in der Ostsee wachsende Seegras hält nicht nur das Meer sauber – es könnte auch dabei helfen, resistente Krankheitserreger zu bekämpfen. Denn auf den Blättern dieser Meerespflanze tummeln sich Mikroben, die potente antibakterielle Wirkstoffe produzieren, wie Tests ergeben haben. Selbst gegen resistente Erreger wie den Krankenhauskeim MRSA wirkte der Extrakt des Seegras-Mikrobioms. Dies unterstreicht die Bedeutung des Seegrases für den Ozean, aber auch sein Potenzial für die Medizin.
Anders als viele andere pflanzliche Meeresbewohner sind Seegräser keine Algen, sondern ehemals landlebende Blütenpflanzen, die zurück ins Meer gegangen sind. Die Unterwasserwiesen dieser Pflanzen haben eine enorme ökologische und ökonomische Bedeutung: Sie sind Lebensraum und Kinderstube für unzählige Meerestiere, produzieren große Mengen Sauerstoff und filtern Schadstoffe aus dem Wasser. Durch ihre Photosynthese sind sie zudem wichtige Klimapuffer: Ein Quadratkilometer Seegras speichert fast doppelt so viel Kohlenstoff wie ein terrestrischer Wald gleicher Fläche.

Was steckt hinter dem antibakteriellen Seegras-Effekt?
Doch das Seegras hat noch einen Effekt: Es scheint das Meerwasser auch von Krankheitserregern zu reinigen. So ist beispielsweise die Dichte von schädlichen Bakterien in indonesischen Seegraswiesen nur halb so hoch wie im Meerwasser außerhalb der Wiesen, wie Meeresforscher vor einigen Jahren entdeckt haben. Und auch heimische Seegraswiesen, beispielsweise in der Ostsee, verringern die Dichte von bakteriellen Erregern wie Escherichia coli, Enterokokken, Salmonellen und Vibrionen messbar.
Aber wie schaffen die Seegräser das? Das hat nun ein Team um Deniz Tasdemir vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel anhand des in der Ostsee verbreiteten Seegrases Zostera marina näher untersucht. Ihr Fokus lag dabei weniger auf den Wirkstoffen, die das Seegras selbst produziert, als auf der Mikrobengemeinschaft, die in und auf den Pflanzen lebt. Denn viele bekannte Antibiotika gehen auf chemische Substanzen zurück, die ursprünglich von Bakterien oder Pilzen gegen ihre mikrobiellen Konkurrenten entwickelt wurden.