Energie

Erster Test für Energiespeicher am Meeresgrund

Unterseeisches Pumpspeicher-Kraftwerk wird ab 2026 vor der Küste Kaliforniens getestet

Kugelspeicher am Meeresgrund
Hohlkugeln am Meeresgrund können überschüssigen Strom aus Wind- und Solaranlagen speichern. Zurzeit wird ein Test dieser Technologie vor der kalifornischen Küste vorbereitet. © Hochtief

Nächster Schritt für Unterwasser-Energiespeicher: Künftig sollen am Meeresgrund liegende Hohlkugeln überschüssigen Strom aus Wind und Sonne aufnehmen – als unterseeische Pumpspeicher. Nach erfolgreichem Prototyp-Test im Bodensee laufen nun die Vorbereitungen für einen ersten Kugelspeicher im Meer. Im Jahr 2026 soll dafür eine zehn Meter große Beton-Hohlkugel samt Pumpe in 600 bis 800 Meter Tiefe vor der kalifornischen Küste installiert werden.

Die schwankende Stromproduktion ist eines der größten Problem der Sonnen- und Windenergie: An wind- und sonnenreichen Tagen müssen regelmäßig Anlagen abgeschaltet werden, um eine Überlastung des Stromnetzes zu verhindern – das macht Strom hierzulande teuer und lässt dringend benötigte Energie ungenutzt verpuffen. Abhilfe schaffen könnten jedoch Energiespeicher, beispielsweise in Form von Großakkus, chemischen Speichern, Carnot-Batterien oder auch Pumpspeichern.

Funktionsprinzip der Pumpspeicher
So funktionieren die Unterwasser-Pumpspeicher: Mithilfe des überschüssigen Stroms wird Wasser aus der Kugel herausgepumpt. Zum Entladen des Speichers lässt man das Wasser wieder einströmen, der Wasserdruck treibt dabei eine Turbine mit Generator an. © Fraunhofer IEE

Wasserdruck als Speicher-Helfer

„Für das Speichern von Strom über mehrere Stunden bis einige Tage hinweg eignen sich Pumpspeicher-Kraftwerke besonders gut“, erklärt Bernhard Ernst vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE. Doch diese Speicher benötigen geeignete Wasserreservoire und viel Platz, daher ist ihr Ausbaupotenzial begrenzt. Abhilfe schaffen könnten jedoch Unterwasser-Pumpspeicher in Form von großen Hohlkugeln am Grund von Seen oder dem küstennahen Ozean

Das Prinzip dahinter: Zum Stromspeichern nutzt man überschüssigen Strom, um die zuvor wassergefüllte Kugel gegen den umgebenden Wasserdruck leer zu pumpen. Um die gespeicherte Energie wieder abzurufen, öffnet man ein Ventil und lässt das Wasser wieder zurück in die Kugel strömen. Dieser vom Wasserdruck angetriebene Einstrom treibt eine Turbine an, durch die wieder nutzbarer Strom erzeugt wird. Wie gut das Prinzip solcher Kugelspeicher funktioniert, hat ab 2016 bereits ein erster Feldtest mit Drei-Meter-Hohlkugeln im Bodensee demonstriert.

Testlauf in 500 Meter Tiefe vor Kalifornien

Jetzt folgt der nächste Schritt: Ein Testlauf der Unterwasser-Pumpspeicher am Meeresgrund vor der kalifornischen Küste. Im internationalen Projekt StEnSea wird dafür zunächst eine neun Meter große und rund 400 Tonnen schwere Beton-Hohlkugel unter anderem mithilfe von 3D-Druckverfahren hergestellt. Diese Aufgabe übernimmt das US-Startup Sperra in Long Beach. An der Oberseite der Kugel wird dann eine Unterwasser-Motorpumpe samt Rohr angebracht, die als Turbine, Pumpe und Ventil fungiert.

Dieser Kugelspeicher wird dann vor der Küste von Long Beach in 500 bis 600 Meter Tiefe am Grund des Pazifiks installiert. Den Berechnungen zufolge ist diese Tiefe ideal für das Verhältnis von Wasserdruck zu Gewicht und die Wandstärke der Kugel. Spätestens Ende 2026 soll dieser Prototyp mit einer Leistung von 0,5 Megawatt und einer Kapazität von 0,4 Megawattstunden in Betrieb gehen. Finanziert wird dieser Testlauf gemeinsam vom deutschen Wirtschaftsministerium und dem US-Energieministerium.

Kugelspeicher-BAustelle
Für den Bau von Unterwasser-Pumpspeichern im großen Stil werden die Betonhohlkugeln an Land hergestellt und dann mit Flößen aufs Meer gebracht und versenkt. © Sperra

Große Kapazität auch in Europa

Potenzial haben solche Unterwasser-Kugelspeicher reichlich: Nach Berechnungen des Projektteams liegt das globale Speicherpotenzial dieser Technologie bei insgesamt 817.000 Gigawattstunden. Allein an den zehn besten europäischen Standorten könnten diese Speicherkugeln rund 166.000 Gigawattstunden Strom speichern. Zum Vergleich: Die Kapazität der bestehenden deutschen Pumpspeicher-Kraftwerke an Land beträgt gerade einmal knapp 40 Gigawattstunden.

Doch wie effizient und günstig ist diese Speicher-Technologie? Das haben Ernst und sein Team am Beispiel eines Speicherparks mit sechs 30-Meter-Kugeln, einer Gesamtleistung von 30 Megawatt und einer Kapazität von 120 Megawattstunden ermittelt. Demnach liegen die Speicherkosten bei rund 4,6 Cent pro Kilowattstunde, die Investitionskosten bei 1.354 Euro pro Kilowatt Leistung und 158 Euro pro Kilowattstunde Kapazität. Die Effizienz eines solchen Pumpspeichers würde 75 bis 80 Prozent pro Speicherzyklus erreichen. Das ist zwar etwas weniger als bei einem klassischen Pumpspeicher-Kraftwerk, dafür sind die Unterwasser-Kugelspeicher an mehr Orten einsetzbar.

Viele Küstengebiete sind geeignet

Mögliche Standorte für die Kugelspeicher gibt es mehr als genug, wie eine GIS-Analyse der küstennahen Meeresgebiete ergab. Dabei haben die Forschenden unter anderem Parameter wie die Bodenneigung, Strömung, Sedimentverschiebung oder die Entfernung zum Land berücksichtigt. Besonders geeignet für größere Unterwasser-Pumpspeicheranlagen wären demnach Meeresgebiete vor Norwegen, Portugal, der US-amerikanischen West- und Ostküste, Brasilien oder Japan. Auch tiefe natürliche oder künstliche Seen, beispielsweise geflutete Tagebaue, kämen in Frage.

„Mit der globalen Energiewende wird der Speicherbedarf in den nächsten Jahren enorm zunehmen“, sagt Ernst. „Mit dem StEnSea-Kugelspeicher haben wir eine kostengünstige Technologie entwickelt, die sich vor allem für das Speichern über kurze bis mittlere Zeiträume bestens eignet. Mit dem Testlauf vor der US-Küste machen wir einen großen Schritt zur Skalierung und Kommerzialisierung dieses Speicherkonzeptes.“

Quelle: Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE

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