Extinktionslernen – das Auslöschen zuvor durch Konditionierung eingeprägter Zusammenhänge – spielt eine wichtige Rolle für unsere Psyche und Gesundheit: Es verhindert, dass Ängste oder Schmerzerfahrungen sich dauerhaft einprägen.
Doch es geht auch andersherum: Der Verhaltensimmunbiologe Martin Hadamitzky vom Universitätsklinikum Essen will genau das Gegenteil bewirken wie sein Kollege Engler: Er versucht, die Extinktion von einmal gelernten Assoziationen zu verhindern. Denn er untersucht, wie Lernprozesse das Immunsystem beeinflussen. Damit ist er in Gegenrichtung zu Harald Engler unterwegs, der den Einfluss des Immunsystems auf das Lernen analysiert. „Nerven- und Immunsystem kommunizieren in beide Richtungen miteinander“, betont Hadamitzky.
Zuckerwasser statt Medikament
Hadamitzkys Team paart für ihre Forschung beispielsweise neutrale Reize wie einen Schluck Zuckerwasser mit der Gabe eines Medikaments. Im Tierversuch soll dies eine Konditionierung bewirken, durch die dann schon das Zuckerwasser allein wirkt – eine Art erlernter Placeboeffekt. Dafür arbeiten die Forschenden beispielsweise mit dem immunmodulierenden Medikament Rapamycin, welches das Wachstum von Tumoren hemmt.
Ihre Experimente haben ergeben, dass Ratten eine Assoziation zwischen dem Geschmack von Zuckerwasser und den von Rapamycin induzierten immunologischen Veränderungen lernen können: Erhielten die Tiere immer wieder eine Kombination aus Zuckerwasser und Medikament, führte schließlich die Gabe von Zuckerwasser allein zu substanziellen Effekten auf das Immunsystem der Ratten. „Allerdings verschwindet der Effekt irgendwann wieder durch das Extinktionslernen“, sagt Hadamitzky.