Wetter/Klima

Wie elektrische Sensoren vor Starkregen warnen könnten

Unwetter kündigen sich durch drastische Veränderung in elektrischen Feldern an

Wetterkarte zeigt ein Tiefdruckgebiet über Osteuropa und dem Nahen Osten
Der Verlauf von Tiefdruckgebieten könnte künftig noch genauer verfolgt werden, wenn Messungen von elektrischen Feldern einbezogen werden. © ULIYA SHAVYRA / Getty Images

Regenradar 2.0? Regenreiche Unwetter könnten künftig möglicherweise besser vorhergesagt und verfolgt werden – anhand elektrischer Felder. Denn bei Regen verändern sich die elektrischen Felder in der Atmosphäre besonders schnell und massiv, wie Wetteranalysen aus Israel enthüllen. Insbesondere in Regionen, die anfällig für Sturzfluten und plötzliche Wetterumschwünge sind, könnten solche Messdaten eine bessere Wettervorhersage ermöglichen.

Extremwetter-Ereignisse wie Starkregen und Stürme werden mit dem Klimawandel häufiger und intensiver. Sie verursachen Sturzfluten und heftige Überschwemmungen und gefährden viele Menschenleben, wie zuletzt die Unwetter in Spanien demonstrierten. Das Problem: In Wetterprognosen ist zwar erkennbar, wenn sich eine Regenwetterlage anbahnt. Wann, wo genau und wie stark das Unwetter zu spüren sein wird, ist jedoch oft nicht gut vorhersagbar, weil der Verlauf von Tiefdruckgebieten und damit das Wetter sich noch kurzfristig verändern kann.

„Zypern-Tiefs“ unter der Lupe

Ein Team um Roy Yaniv von der Hebräischen Universität Jerusalem hat nun untersucht, ob sich Starkregen möglicherweise anhand der elektrischen Felder in der Atmosphäre ankündigt. Denn die Luftmassen besitzen ein lokales elektrisches Potenzial und damit eine gewisse Energie. Dieses elektrische Potenzial kann sich jedoch durch lokale Einflüsse mit der Zeit verändern. Dazu zählen nachweislich Staub, Nebel, Luftverschmutzung und Insekten.

Ob sich messbare Veränderungen auch bei Unwettern und Regen zeigen, haben nun Yaniv und seine Kollegen ermittelt. Dafür analysierten sie den Verlauf des elektrischen Potenzials von Tiefdruckgebieten, die im Winter in der Negev Wüste in Südisrael auftreten. Diese sogenannten „Zypern-Tiefs“ dauern ein bis vier Tage und bringen neben einer Kaltfront vom Mittelmeerraum auch oft starke Regenfälle mit sich. Die Forscher untersuchten Unwetter, die zwischen 2014 und 2020 ohne Blitze auftraten und für die umfangreiche Wetterdaten vorlagen.

Elektrisches Potenzial in Unwettern verändert sich rasch

Dabei zeigte sich, dass sich dieser Potenzialgradient eines elektrischen Feldes in den Unwettern mit Niederschlag rasch und deutlich erhöht. In den untersuchten Wetterereignissen stieg der Potenzialgradient innerhalb weniger Minuten von Schönwetterwerten um die 100 Volt pro Meter auf extreme Werte von hunderten oder tausenden Volt pro Meter. Die Luftfeuchtigkeit der Kaltfront allein erhöhte den Wert nur um einige Dutzend Einheiten pro Minute, der herabfallende Regen jedoch um mehrere hundert Einheiten pro Minute.

„Dies unterstreicht die Rolle des Regens bei der Erhöhung des Potentialgradienten, wahrscheinlich aufgrund der erheblichen Ladungsübertragung auf den Boden während des Regens“, schreibt das Team. Denn Regentropfen sind elektrisch geladen und mit ihrer Position verändert sich auch das umliegende elektrische Feld.

Regenmenge nicht entscheidend

Wie viel Regen bei den untersuchten „Zypern-Tiefs“ fiel, spielte für den Potenzialgradienten jedoch überraschenderweise keine Rolle. Daher geht aus diesen Daten auch nicht hervor, ob Starkregen oder nur leichter Regen fiel. „Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren als die Regenintensität, wie etwa die Art des Niederschlags und die elektrischen Eigenschaften der Regentropfen, das elektrische Feld beeinflussen könnten“, erklären Yaniv und seine Kollegen.

Die Analysen zeigten auch: Über den Unwetterarealen lagen dichte, bauschige Kumuluswolken, entstanden durch aufsteigende warme Luft. Dabei stieg der Potenzialgradient um weitere tausende Einheiten pro Minute. Die Forschenden schließen daraus, dass Regen und diese Gewitterwolkenformen charakteristische Muster an elektrischen Feldern erzeugen, wobei der Potenzialgradient jeweils rasch ansteigt.

Messsystem für künftige Unwetter?

Zusammengenommen können diese Indizien demnach helfen, eine Regenwetterlage zu erkennen und vor allem Entwicklungen während des Regens zu überwachen. Das könnte künftig aber möglicherweise auch genutzt werden, um solche Unwetter vorherzusagen. „Diese Studie zeigt, wie Schwankungen des elektrischen Feldes als Indikatoren für sich verändernde Wettermuster dienen können, die es uns ermöglichen, Unwetterereignisse in Echtzeit vorherzusagen“, sagt Yaniv. In Folgestudien will sein Team die Zusammenhänge dafür genauer untersuchen.

Insbesondere in trockenen Regionen wie Israel, die anfällig für Sturzfluten und plötzliche Wetterumschwünge sind, könnten solche Messdaten dann eines Tages eine bessere Wettervorhersage ermöglichen. Das würde den Anwohnern helfen, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Dafür müsste man mit Sensoren die elektrischen Felder in einer Gegend überwachen und diese Daten in die übrigen lokalen modernen Systeme zur Wetterüberwachung integrieren. Dann wüsste man nicht nur, dass ein Tiefdruckgebiet aufzieht, sondern könnte es auch detaillierter als bislang verfolgen. (Atmospheric Research, 2024; doi: 10.1016/j.atmosres.2024.107757)

Quelle: Hebräische Universität Jerusalem

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