Die Nachricht vom mysteriösen „Lorimer-Signal“ im australischen Parkes-Radioteleskop löst eine weltweite Fahndung nach weiteren dieser ultrakurzen, enorm energiereichen Radiopulse aus. Nur sie können klären, ob es sich bei diesen nur wenige Millisekunden anhaltenden Signalen um ein irdisches Störsignal oder ein echtes kosmisches Phänomen handelt. Bis 2012 ist das Parkes-Teleskop aber das einzige, in dessen Daten diese „Fast Radiobursts“ (FRB) entdeckt werden. Ist es womöglich doch nur ein lokales Messproblem?
Rätsel-Pulse auch im Arecibo-Teleskop
Im Jahr 2014 ist es dann endlich soweit: Radioastronomen weisen einen solchen Radioblitz erstmals auch mit einem anderen Radioteleskop nach – dem berühmten Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico. Dessen 305 Meter große Antennenschüssel ist zu dieser Zeit die größte der Erde. Im Datenarchiv des Teleskops findet das Team um Laura Spitler vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn einen weiteren Fast Radioburst – FRB 121102. „Die Helligkeit und Dauer dieses Ereignisses stimmen mit den Eigenschaften der zuvor am Parkes-Teleskop entdeckten Pulse überein“, berichtet Spitler. Die Merkmale bestätigen zudem, dass dieser Radioblitz kosmischen Ursprungs sein muss – auch er kommt von weit jenseits der Milchstraße.
Wenig später werden auch Astronomen am Green-Bank-Radioteleskop in den USA fündig und können erstmals auch die Polarisation des Fast Radiobursts genauer messen: „Der Anteil polarisierter Wellen lag bei fast 50 Prozent“, erinnert sich FRB-Mitentdecker Matthew Bailes von der Swinburne University in Australien. „Das deutet darauf hin, dass die Quelle dieses Radiopulses in einer hoch magnetisierten Umgebung liegen muss.“
Wo liegt die Quelle?
Aber wo liegt die Quelle dieser Radiopulse? Und was ist sie? Solange immer nur ein Radioteleskop das Signal auffängt, ist keine Triangulation möglich. Radioastronomen können dann zwar die grobe Richtung und wahrscheinliche Entfernung ermitteln, die Radioquelle aber nicht genauer orten. Das macht es schwer, Rückschlüsse auf die Ursache dieser Extrem-Radioausbrüche zu ziehen – und die Auswahl ist groß: „Der Katalog der Theorien über den Emissionsmechanismus der Fast Radiobursts umfasste mehr Einträge als die damals bekannten Radiopulse“, schildert Bailes die Lage im Jahr 2014.
Wenn die mysteriösen Radiopulse wirklich extragalaktisch sind und aus Milliarden Lichtjahren Entfernung kommen, dann muss ihre Entstehung ungeheure Energien freisetzen. „Die geschätzten Energien lägen dann bei 1038 bis 1040 erg – das ist die gleiche Energie, die die Sonne innerhalb eines Tages bis Monats im gesamten elektromagnetischen Bereich abgibt“, erklärt Bailes. „Doch bei den Fast Radiobursts ist diese Energie auf wenige Millisekunden und nur den Radiobereich konzentriert.“
Kataklysmisch oder wiederholt?
Nach und nach kristallisieren sich zwei Haupttheorien heraus: Ein Teil der Modelle geht von einer katastrophalen kosmischen Explosion oder einem Kollaps aus, bei dem der Urheber des Radiopulses zerstört wird und dabei enorme Mengen an Energie freisetzt. Konkrete Kandidaten für eine solche Quelle wären ungewöhnlich heftige Supernova-Explosionen, die vom Kollaps eines Sterns ausgelösten Gammastrahlenausbrüche oder auch die Verschmelzung zweier Neutronensterne zu einem Schwarzen Loch. Sollte dies zutreffen, dürfte immer nur ein Fast Radioburst aus einer Quelle kommen.
Die zweite Gruppe von Theorien geht hingegen von einem nicht katastrophalen Ursprung aus, einer Quelle, die wiederholte, vielleicht sogar periodische Radiopulse erzeugen kann – ähnlich einem besonders starken Radiopulsar. Allerdings: Die stärksten bekannten Vertreter solcher Neutronensterne, darunter der Pulsar im Zentrum des Krebsnebels, reichen in ihrer Intensität nicht einmal ansatzweise an die Energie der Fast Radiobursts heran. „Die FRBs sind mehr als eine Milliarde Mal heller als die hellsten Megapulse des Krebspulsars“, sagt Bailes.
Aber welche Theorie trifft zu?