Medizin

Das sind die aktuell gefährlichsten Viren und Bakterien

WHO erstellt Hotlist endemischer Krankheitserreger mit fehlendem Impfstoff

Symbolbild Collage verschiedener Bakterien und Viren
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine Prioritätenliste aufgestellt, in der besonders gefährliche Krankheitserreger aufgeführt sind, gegen die noch keine oder nur unzureichende Impfstoffe existieren. © Yuri Arcurs / iStock

Hotlist für Vakzine: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste mit den 17 gefährlichsten Krankheitserregern erstellt, für die es noch keinen Impfstoff gibt. Es ist das erste Mal, dass eine globale Liste alle endemischen, häufig auftretenden Krankheitserreger nach ihrer Gefährlichkeit ordnet. In die Bewertung mit eingeflossen ist unter anderem, wie schwer die durch die Viren und Bakterien verursachten Krankheiten verlaufen, ob die Erreger Antibiotika-Resistenzen entwickeln und wie teuer die Erkrankung für die Betroffenen ist.

Immer wieder kommt es zu regionalen Ausbrüchen von Infektionskrankheiten, verursacht durch Viren, Bakterien oder andere Pathogene, die bislang nicht hinreichend behandelt und eingedämmt werden können. Millionen Menschen sterben jährlich daran. Einige dieser Epidemien werden von neu auf den Menschen überspringende Erreger verursacht, wie die Corona-Pandemie. Gegen solche neu auftretenden Pathogene kann man im Vorhinein nicht schützen.

Anders ist dies aber bei den Viren und Bakterien, die wohlbekannt und schon weit verbreitet sind – darunter beispielsweise die Erreger von Hepatitis, HIV und Influenza oder der resistente Krankenhauskeim Staphylococcus aureus. Diese Erreger verursachen immer wieder Infektionen und Ausbrüche, ohne dass dies bisher effektiv verhindert werden kann.

Status: Impfstoff dringend gesucht

Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation WHO nun erstmals eine Prioritätenliste aufgestellt. In ihr sind 17 dieser endemischen Krankheitserreger aufgeführt, die als besonders gefährlich eingestuft werden und gegen die noch keine oder nur unzureichende Impfstoffe existieren. An der Spitze stehen dabei die Viren und Bakterien, bei denen Vakzine am dringendsten benötigt werden. Ausschlaggebend dafür waren primär die potenziell damit schützbaren Menschenleben.

„Allzu oft wurden globale Entscheidungen über neue Impfstoffe ausschließlich von der Kapitalrendite bestimmt und nicht von der Anzahl der Leben, die in den am stärksten gefährdeten Gemeinschaften gerettet werden könnten“, sagt Kate O’Brien von der WHO. „Diese Studie nutzt breites regionales Fachwissen und Daten, um Impfstoffe zu bewerten, die nicht nur weit verbreitete Krankheiten erheblich reduzieren, sondern auch die medizinischen Kosten für Familien und Gesundheitssysteme senken würden.“

Kriterien für gefährliche Krankheitserreger

Für die Studie haben 273 internationale und regionale Gesundheitsexperten der WHO mitgeteilt, nach welchen Faktoren sie entscheiden würden, welche Impfstoffe eingeführt und verwendet werden sollen. Dazu gehörten unter anderem die Todeszahlen unter Kindern, die Gesamttodeszahlen, die Dauer der Folgeschäden, Resistenzen gegen Antibiotika, aber auch Kosten und Einschränkungen durch die Epidemien für Betroffene, Gesundheitssysteme, Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes.

Die WHO wertete diese Präferenzen aus und kombinierte sie mit regionalen Daten zur Verbreitung und Auswirkung jedes Erregers. Daraus erstellte die WHO zunächst sechs Einzellisten, die die jeweils zehn wichtigsten Krankheitserreger pro Weltregion erfassen. Diese regionalen Listen fasste die Behörde dann zu einer globalen Liste zusammen.

Grafil zeigt die 17 gelisteten Krankheitserreger
Die Prioritätenliste der WHO für die Impfstoffforschung umfasst insgesamt 17 Viren, Bakterien und Parasiten. Die Punkte zeigen an, auf welcher der sechs regionalen Top-10-Listen die Krankheitserreger jeweils erscheinen. © Mateusz Hasso-Agopsowicz et al., doi: 10.1016/j.ebiom.2024.105424/CC-by 4.0

Das sind die wichtigsten Erreger weltweit

Das Ergebnis ist eine Aufzählung von 17 endemischen Krankheitserregern, die weltweit zahlreiche Menschen betreffen und belasten und für die daher besonders dringend neue Vakzine entwickelt werden sollten. Darunter sind die Erreger von HIV, Malaria und Tuberkulose – drei Krankheiten, die zusammen jedes Jahr fast 2,5 Millionen Menschenleben fordern.

Für einige gelistete Pathogene – HIV, Hepatitis C, Streptokokken der Gruppe A und das multiresistente Bakterium Klebsiella pneumoniae – ist ein Impfstoff bisher weder entwickelt noch in Sicht. Bei anderen Infektionskrankheiten wie Malaria, Influenza oder Staphylococcus aureus und das Cytomegalovirus gibt es zwar schon Impfstoffe. Diese sind aber nicht ausgereift, wirken zu wenig oder nicht breit genug. Auch schwere Fieber- und Durchfallerkrankungen durch Infektionen mit Noroviren, Salmonellen oder parasitische Leishmanien und Shigellen zählt die WHO in diese Kategorie.

Für die übrigen gelisteten Krankheitserreger wurden zwar bereits Impfstoffe entwickelt, jedoch noch nicht zugelassen und auf den Markt gebracht. Dazu zählen die Dengue-Viren, Streptokokken der Gruppe B, eine Form von Escherichia coli, aber auch Tuberkulose und das RS-Virus.

Ziel: Bessere Impfstrategien

Die neue globale Prioritätenliste der WHO soll nun für Klarheit, Fairness und konkrete Ziele in der Impfstoffforschung und -entwicklung sorgen. Sowohl Forscher als auch Geldgeber und Hersteller sowie die Länder als Käufer sollen sich an dieser Liste orientieren, weil sie systematisch angibt, bei welchen Krankheiten Vakzine die größte Wirkung haben könnten. Das soll künftig helfen, effektivere Impfprogramme aufzustellen. Damit unterstützt die Liste auch das Ziel der Europäischen Impfagenda 2030, wonach alle Menschen in Europa Zugang zu wichtigen Impfstoffen erhalten sollen. (eBioMedicine, 2024; doi: 10.1016/j.ebiom.2024.105424)

Quelle: Weltgesundheitsorganisation WHO

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