Urzeitlicher Siegeszug: Ein flexibler Speiseplan und eine fünfphasige Entwicklung könnten erklären, wie die Dinosaurier zur dominanten Tiergruppe ihrer Zeit wurden. Demnach könnten sich die Dinosaurier unter anderem deshalb gegen andere Reptilien durchgesetzt haben, weil sie bei der Nahrungssuche weniger wählerisch waren. Dadurch konnten sie auch Phasen starker Umweltveränderungen überstehen und spezialisiertere Pflanzenfresser verdrängen, wie Paläontologen in „Nature“ berichtet.
Die Dinosaurier waren über viele Millionen Jahre hinweg die unangefochtenen Herrscher unseres Planeten. Doch jeder fängt mal klein an: Vor 230 Millionen Jahren, zur Zeit der allerersten Dinosaurier, lebten diese noch im Schatten anderer großer Reptilien. Erst 30 Millionen Jahre später wendete sich dann das Blatt. Aber warum?
Manche Paläontologen machen besondere Anpassungen der Dinosaurier für ihren Aufstieg verantwortlich, zum Beispiel ihre Warmblütigkeit und damit einhergehende Kältetoleranz. Andere gehen davon aus, dass drastische Umweltveränderungen wie Vulkankatastrophen die Konkurrenten der Dinosaurier dahinrafften und ihnen so den Weg ebneten.
Kot als Zeitzeuge
Womöglich war es aber auch die besondere Ernährung der Dinosaurier, die ihnen einen Vorteil verschaffte, vermuten zumindest Martin Qvarnström von der Universität Uppsala und seine Kollegen. Um diesen Ansatz zu prüfen, musste das Team allerdings einen eher unkonventionellen Zeitzeugen zu Rate ziehen: versteinerten Kot.
Mithilfe von Synchrotron-Mikrotomographie warf das Team einen Blick in über 500 fossile Überreste von Verdauungsmaterial aus einer fossilienreichen Region im Süden Polens und konnte so die Nahrungsnetze rekonstruieren, die es dort in der Zeit vor 230 bis 200 Millionen Jahren gab. In genau diesem Zeitabschnitt mauserten sich die Dinosaurier einst vom Niemand zum Boss.
„Zusammenzusetzen, wer wen in der Vergangenheit gefressen hat, ist echte Detektivarbeit“, sagt Qvarnström. Aber: „Wenn wir untersuchen können, was die Tiere gefressen haben und wie sie mit ihrer Umwelt interagiert haben, können wir besser verstehen, warum die Dinosaurier so erfolgreich waren.“
Verbranntes Holz auf dem Speiseplan
Im Inneren der versteinerten Exkremente stießen Qvarnström und seine Kollegen auf unverdaute Reste von Fischen, Insekten, Knochen, Zähnen und einer Vielzahl von pflanzlichen Überresten. Im Kot der Vorfahren von Langhalsdinosauriern fand das Team außerdem verkohltes Holz. „Es wurde wahrscheinlich zufällig mit unverbrannten Pflanzenteilen nach Waldbränden oder absichtlich zur Entgiftung aufgenommen“, erklärt das Team. Womöglich konnten die Tiere mithilfe des Holzes Farne essen, die sonst giftig für sie gewesen wären.
Indem die Paläontologen diese zahlreichen Ernährungsinformationen mit anderen Hinweisen wie fossilen Fußabdrücken und Skelettfunden kombinierten, konnten sie schließlich rekonstruieren, wie das Ökosystem und die Rolle der Dinosaurier darin sich im Laufe der Zeit verändert haben.
Aufstieg verlief in fünf Phasen
Dabei zeigte sich, dass die „Machtübernahme“ der Dinosaurier offenbar einst in fünf Phasen abgelaufen ist. Zu Beginn lebten kleine, allesfressende Dinosauriervorläufer im Schatten der anderen Reptilien ihrer Zeit. Zehn Millionen Jahre später tauchten dann bereits die ersten Raubdinosaurier auf. In Phase drei, weitere zehn Millionen Jahre später, diversifizierten sich diese und brachten auch erstmals große Arten hervor. Parallel dazu entwickelten sich auch die ersten pflanzenfressenden Dinosaurier.
In Phase vier und fünf nahmen Diversität und Größe der Dinosaurier dann innerhalb von gerade einmal vier Millionen Jahren noch weiter zu und ihre Dominanz im Ökosystem war endgültig etabliert, wie Qvarnström und sein Team erklären.
Wandel der Pflanzenwelt als entscheidender Faktor?
Damit die letzten beiden Phasen ablaufen konnte, brauchte es jedoch offenbar Hilfe von außen, und zwar in Form von drastischen Umweltveränderungen, wie die Forschenden berichten. Sie vermuten, dass heftige vulkanische Aktivität vor etwas mehr als 200 Millionen Jahren die Pflanzenwelt und somit das Nahrungsangebot stark verändert hat.
Das war für die bis dato vorherrschenden pflanzenfressenden Reptilien ein großes Problem, denn sie hatten sich zum Teil stark auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert, wie das Team erklärt. Die pflanzenfressenden Dinosaurier hingegen waren offenbar deutlich weniger wählerisch und übernahmen so mit der Zeit die ökologischen Nischen der bisherigen Führungsriege.
„Um dem Aussterben zu entgehen, muss man viele Pflanzen fressen, und genau das taten die frühen pflanzenfressenden Dinosaurier. Der Grund für ihren evolutionären Erfolg ist eine wahre Vorliebe für grüne und frische Pflanzensprossen“, erklärt Co-Autor Grzegorz Niedźwiedzki. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-08265-4)
Quelle: Uppsala University, Nature