Chaotischer Wandel: Astronomen haben erstmals die Veränderungen der Sternenflecken auf einem Riesenstern beobachtet – und Überraschendes festgestellt. Denn der 642 Lichtjahre entfernte Stern XX Trianguli bildet dunkle Flecken von riesenhafter Größe, die sich in chaotischem Rhythmus verändern – anders als beim periodischen Sonnenfleckenzyklus unserer Sonne. Das legt nahe, dass dieser Riesenstern einen grundlegend anderen Magnetdynamo besitzt – und könnte die Suche nach Exoplaneten um solche Sterne erschweren, wie die Forscher berichten.
Schon seit hunderten Jahren beobachten Astronomen das Phänomen der Sonnenflecken. Diese dunklen, kühleren Areale bilden sich in magnetisch besonders aktiven Zonen der Sonnenoberfläche und sind oft Ausgangspunkt für solare Ausbrüche und Sonnenstürme. Wie zahlreich und häufig Sonnenflecken auftreten, ist zudem nicht zufällig: Sie häufen sich während des solaren Maximums und der aktiveren Phase des elfjährigen Sonnenzyklus.
Erste Langzeitbeobachtung von Sternenflecken
Doch wie sieht dies bei anderen Sternen aus? Der Theorie nach müssten auch sie Flecken entwickeln. Doch wann und wo diese auftreten und wie stark sie die Oberfläche eines Sterns prägen, ist bisher weitgehend unbekannt. Denn nur die wenigsten Sterne sind uns nahe genug, um ihre Oberfläche überhaupt aufzulösen. „Typischerweise gibt es zudem nur einzelne Schnappschüsse der Sternenflecken“, erklären Klaus Strassmeier vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam (AIP) und seine Kollegen. Diese Momentaufnahmen verraten aber nichts über die zeitliche Abfolge der Flecken.
Jetzt liefert die Langzeitbeobachtung eines nahen Riesensterns neue Einblicke. Der Stern XX Trianguli liegt rund 642 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist rund zehnmal größer als unsere Sonne. Seine orange Farbe und die relativ geringe Temperatur von 4.630 Kelvin legen nahe, dass der Riesenstern sich allmählich dem Ende seiner Lebensdauer nähert. Bei einer Teleskopbeobachtung im Jahr 2033 hatten Astronomen zudem einen riesigen dunkeln Sternenfleck auf XX Trianguli identifiziert – der Fleck war rund 10.000-mal größer als jeder Sonnenfleck auf unserem Heimatstern.
Riesige Dunkelzonen mit chaotischem Verhalten
Unter anderem deshalb steht der Riesenstern XX Trianguli schon länger unter ständiger Beobachtung: Ein robotisches Teleskop des STELLA-Observatoriums auf Teneriffa nutzt seit 2006 jede klare Nacht, um eine oder mehrere spektroskopische Aufnahmen des Sterns zu erstellen. Diese Daten, ergänzt durch ältere Daten eines Doppelteleskops in Arizona, haben Strassmeier und sein Team nun ausgewertet. Das Ergebnis ist die erste Langzeitbeobachtung von Sternenflecken bei einem anderen Stern als unserer Sonne.
Die Aufnahmen enthüllten: Im Verlauf der 16 Jahre veränderten die riesigen dunklen Sternenflecken von XX Trianguli immer wieder ihre Lage, Größe und Form. Einige Flecken zerfielen und verschwanden, andere tauchten auf. Doch anders als bei unserer Sonne konnten die Astronomen dabei keine Gesetzmäßigkeiten erkennen – außer der Rotation des Sterns gab es keine periodischen Zyklen, die sich mit besonders vielen oder wenige Sternenflecken verbinden ließen. „Die Periodogramme zeigen eine wenig aussagekräftige Mischung von zeitlichen Abfolgen“, berichtet das Team.
Kein regelmäßiger Zyklus
Der Riesenstern XX Trianguli hat demnach – anders als unsere Sonne – möglicherweise keinen regelmäßigen Aktivitätszyklus. Stattdessen scheint seine Fleckenbildung ohne zugrundeliegenden Zyklus abzulaufen, wie Strassmeier und seine Kollegen berichten. „XX Trianguli zeigt nicht das typische, sonnenähnliche periodische Verhalten. Das deutet auf einen größtenteils chaotischen, wahrscheinlich nichtperiodischen Dynamo hin“, schreiben sie.
Interessant auch: Im Verlauf der 16 Beobachtungsjahre war der Stern XX Trianguli nie ohne Flecken zu sehen. Der Stern ist demnach eigentlich heller als es die bisherigen Beobachtungen nahelegten. „Mit einem geschätzten Lichtverlust von rund zehn Prozent erwarten wir eine ungefleckte Helligkeit von rund 0,1 Magnituden mehr als selbst in den hellsten bisher beobachteten Zuständen“, erklären Strassmeier und seine Kollegen.
Problem für die Suche nach Exoplaneten
Die neuen Ergebnisse haben auch Bedeutung für die Fahndung nach Planeten um fremde Sterne. Denn wenn die unregelmäßige, chaotische Fleckenbildung von XX Trianguli auch bei anderen Sternen vorkommt, dann könnte dies die Suche nach Exoplaneten erheblich erschweren. Denn diese werden oft über das leichte Taumeln des Sterns identifiziert, die von der Schwerkraft eines umkreisenden Planeten verursacht wird. Doch die großen, chaotisch ihre Position wechselnden Flecken bei XX Trianguli lassen dessen Photozentrum auch ohne Planeten um rund zehn Prozent hin und her schwanken, wie die Astronomen ermittelten.
Dadurch kann die Schwankung des stellaren Lichtzentrums die Präsenz von Exoplaneten vortäuschen. „Die maximale Verschiebung des Photozentrums von XX Trianguli ist vergleichbar mit der erwarteten astrometrischen Verschiebung eines Sterns, der von einem Planeten mit Saturnmasse in einer einjährigen Umlaufbahn umkreist wird“, sagt Strassmeier. Exoplaneten mit kürzerer Periode erzeugen typischerweise nur Verschiebungen von rund einer Mikrobogensekunde – bei XX Trianguli liegt die Eigenschwankung hingegen bei 24 Mikrobogensekunden.
Ist XX Trianguli ein Einzelfall?
Das bedeutet, dass es für astronomische Beobachtungen schwierig bis unmöglich ist, die Effekte von Sternenflecken und Exoplaneten zu trennen, insbesondere wenn sie eine ähnliche Periodizität aufweisen. Daher stellte sich nun auch die Frage, wie häufig Sterne solche chaotischen, enorm großen Sternenflecken zeigen wie bei XX Trianguli. (Nature Communications, 2024; doi: 10.1038/s41467-024-54329-4)
Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)