Umwelt

Rohling Küste

Wie Wellen und Co Küstengebiete formen

Gegen Ende des langen Weges, den Wasser und Sediment auf ihrem Weg vom Gebirge zum Meer nehmen, tragen sie entscheidend zur Formung der Küsten bei. Vor allem Steilküsten (Kliffküsten) sind dabei wichtig, weil sie auf sich ändernde Umweltbedingen nur mit Erosion reagieren können. Die Architektin Wasser arbeitet hier mit einem fragilen Gleichgewicht von Kliff-Versteilung (wenn Meereswellen den Fuß von Kliffs abtragen) und Kliff-Verflachung (wenn Oberflächenabfluss und Grundwasser vom Land her das Kliff abtragen).

Steilküste
Viele Steilküsten haben ihr Aussehen dem Wellenschlag zu verdanken. © magann/ iStock

Ein fragiler Landschaftssaum

GFZ-Forschende untersuchen die Triebkräfte von Kliffküstenabtrag unter anderem auf der schottischen Insel Orkney und auf Hawaii. Dort, wo bei Sturm über zehn Meter hohe Wellen auf die senkrechten Kliffwände treffen, übertragen sie mit jedem Wellenschlag kinetische Energie in das Gestein, bauen darin Spannung auf und zermürben es. Diese Prozesse können mithilfe von Seismometern messbar gemacht werden, weil diese Sensoren kleinste Veränderungen in den Gesteinszuständen kontinuierlich über Jahre hinweg erfassen.

Doch nicht nur das Wasser bearbeitet das Ufergestein. Gleichzeitig nagen Strandgerölle, die durch Wellen hin und her bewegt werden, solange am Fuße des Kliffs, bis dort so viel Material abgetragen wurde, dass die darüber lagernden Schichten nachgeben und große Sektoren der Steilküste abbrechen.

Warum Rügens Klippen bröckeln

Auch an Deutschlands bekanntester Steilküste, den Kreideklippen von Rügen, wo jedes Jahr über eine Million Touristen den acht Kilometer langen Hochuferweg oberhalb des bis zu 100 Meter hohen Kliffs zu Fuß erobern, brechen und rutschen immer wieder großen Massen der weißen Kreidesedimente ab und verlegen so unaufhaltsam die Küste Schritt für Schritt um mehrere Zentimeter pro Jahr zurück.

Kreideklippen in Rügen
Von den Kreideklippen in Rügen bröckelt jedes Jahr ein Stück mehr ab. © Xurzon/ Getty Images

Allerdings sind es im Kreidesediment von Rügen nicht Wellen, die das Kliff erodieren. Vielmehr arbeitet die Architektin Wasser hier mit einem Zusammenspiel von Niederschlag, Bodenfeuchte und Tau. Mithilfe von an der Küste verteilten Seismometern lassen sich rund um die Uhr und über Jahre hinweg mit hoher Präzision der Ort und vor allem die Zeit von Abbruchereignissen erfassen.

Alles außer Wellenschlag

Statistisch betrachtet kommt es an den Kreidefelsen vor allem im Winter zu hoher Aktivität, wenn die Buchenwälder auf dem Kliff kein Wasser mehr aus dem Boden saugen. Nach Regengüssen dauert es häufig eine bis zwei Stunden, bis Abbrüche auftreten, das ist die Zeit, die das Regenwasser benötigt, um in die Kreide einzudringen und diese in einen weichen Brei zu verwandeln. Aber auch knapp einen Tag nach dem Regen häufen sich Abbrüche, dieses Mal ist es das Sicker- und Grundwasser, welches das Kreidesediment von der Landseite erreicht.

Und auch in den Nachtstunden, wenn sich die feuchte Meeresluft abkühlt und auf der Kliffoberfläche kondensiert, treten bevorzugt Abbrüche auf. So formt Wasser diese Küste auf drei unterschiedlichen Wegen, nur eben nicht durch den offensichtlichsten: den Wellenschlag.

Seismische Überwachung
Die Steilküste in Rügen wird seismisch überwacht. © M. Dietze, GFZ /CC-by-sa 4.0

Aufgaben für die Zukunft

Der Klimawandel und eine immer intensivere Nutzung der Landschaft verändern die Menge, Dynamik, Zustände und Bewegung von Wasser in allen Teilen der Erde: Gletscher schmelzen, Permafrost taut, die Vegetationszusammensetzung ändert sich und Niederschlagsmuster
verschieben sich.

Wie diese Veränderungen letztlich Erosions- und Sedimenttransportprozesse und damit die Pläne der Architektin Wasser mit der Landschaft, in der und von der wir leben, beeinflussen werden, bleibt schwierig vorherzusagen. Neue Technologien, wie geochemische Tracer, numerische Modelle, multiparametrische hydrologische Messstationen, innovative Geländebeobachtungen und hoch aufgelöste Fernerkundungsmethoden liefern bereits jetzt enorme Mengen an wertvollen Daten und bieten neue Möglichkeiten, bisher nicht für möglich gehaltene Einblicke in die Landschaftsgestaltung zu gewinnen.

Die Forschung am GFZ nutzt diese Methoden in Schlüssellandschaften weltweit, um aus Fallbeispielen generelle Gesetze und mathematische Regeln zu erarbeiten, mit denen der zukünftige Landschaftswandel besser modelliert und verstanden werden kann.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wasser als Architektin der Landschaft
Wie der Kreislauf des Wassers die Erde formt

Der Kreislauf des Wassers
Grundlage für das Leben auf der Erde

Von Gipfeln und Niederschlägen
Tektonische Hebung versus Erosion

Das große Sediment-Förderband
Flüsse als landschaftsformende Naturgewalten

Rohling Küste
Wie Wellen und Co Küstengebiete formen

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