Genetik

Gibt es eine weitere Blauwal-Unterart?

Genetische Besonderheiten der Nordpazifik-Population aufgedeckt

Nordpazifischer Blauwal
Nordpazifische Blauwale wie dieser könnten zu einer eigenen Unterart gehören. © Adam Ernster

Riesen der Meere: Wissenschaftler könnten eine neue Unterart von Blauwalen identifiziert haben. Wie genetische Analysen ergaben, unterscheiden sich die Blauwale im Nordpazifik stärker als gedacht von ihren Artgenossen im Nordatlantik. Das Team schlägt daher vor, sie zu einer eigenen Unterart zu ernennen und auf den Namen „Balaenoptera musculus sulfureus“ zu taufen. Offiziell anerkannt ist diese Einordnung allerdings noch nicht. Im Zuge der Analysen offenbarten sich den Forschenden außerdem genetische Folgen des Walfangs.

Mit einer Länge von bis zu 30 Metern und einem Gewicht von über 180 Tonnen sind Blauwale (Balaenoptera musculus) die größten Tiere, die jemals unseren Planeten bewohnt haben. Doch trotz ihrer enormen Größe bergen die Furchenwale noch einige Geheimnisse. So ist beispielweise immer noch unklar, wie viele Unterarten von Blauwalen existieren. Und selbst Unterarten, die sich optisch deutlich abheben – darunter der „nur“ bis zu 24 Meter lange Zwergblauwal (Balaenoptera musculus brevicauda) – sind genetisch kaum untersucht.

Verbreitung der Populationen
Nordatlantische (Atl) und nordpazifische (Pac) Blauwale sind auch räumlich voneinander getrennt. © Wolf et al., 2025 /CC-by 4.0

Subtile Unterschiede

Um mehr über mögliche Unterarten der Ozeangiganten herauszufinden, haben Forschende um Magnus Wolf vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main nun umfangreiche genetische Vergleiche zwischen verschiedenen Blauwalpopulationen durchgeführt. Konkret bezog das Team die Genome von 14 nordpazifischen, elf nordatlantischen und sechs westaustralischen Blauwalen in ihre Analyse mit ein.

„Die Blauwal-Populationen im Nordatlantik und -pazifik werden derzeit als eine einzige Unterart betrachtet, obwohl sie durch kontinentale Landmassen getrennt sind und sich ihre Laute akustisch klar unterscheiden lassen“, erklärt Wolf. Die Gesänge der nordatlantischen Blauwale bestehen demnach aus niederfrequenten Rufen im Bereich von 15 bis 20 Hertz, während die Gesänge im Nordpazifik 20 bis 120 Hertz umfassen. Könnte es sich bei den beiden Populationen also um jeweils eigene, genetisch unterscheidbare Unterarten handeln?

Womöglich ja: „Die Analyse der Genome zeigt signifikante genetische Unterschiede zwischen den beiden Populationen“, berichtet Wolf. „Wir schlagen daher vor, der Nordpazifik-Population einen neue Unterartennamen zu geben: Balaenoptera musculus sulfureus.“ Der Name bezieht sich auf den historischen Blauwal-Spitznamen „Sulfurbottom“ („Schwefelunterseite“). Er verweist auf schwefelgelbe Algenschichten, die sich manchmal an der Unterseite der Wale bilden. Bei der neuen Unterart handelt es sich bislang allerdings nur um einen Vorschlag, der noch offiziell anerkannt werden muss.

Genetische Folgen des Walfangs untersucht

Bei ihrer Genomanalyse warfen Wolf und seine Kollegen auch einen Blick auf die genetische Gesundheit der Blauwale. Denn durch den Walfang standen die Ozeangiganten einst kurz vor der Ausrottung. Schätzungen gehen davon aus, dass die globale Blauwal-Population dabei um bis zu 99 Prozent zurückgegangen ist. Noch heute stehen die Tiere auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

„Aus genetischer Sicht bedeutet so ein dramatischer Rückgang von Individuen, dass sich auch die genetische Vielfalt innerhalb der Blauwalpopulationen verringert. Dies verstärkt in der Folge die Effekte von Inzucht, da schädliche Mutationen sich nun stärker ausprägen als vorher“, erklärt Wolf.

Doch die Genanalysen geben Anlass zur Hoffnung: „Obwohl wir häufige Anzeichen von Inzucht und eine allgemeine Reduktion der genetischen Vielfalt gefunden haben, haben sich die untersuchten Blauwale eine hohe genetische Varianz erhalten, was eine gute Nachricht für das Überleben dieser Giganten ist“, sagt Seniorautor Axel Janke.

Auf dem Weg zu präziseren Schutzmaßnamen

Die neuen Erkenntnisse könnten nun zum besseren Schutz der Blauwale beitragen. Auf ihrer Basis könnten sich zum Beispiel Schutzmaßnamen gezielt auf spezifische Populationen zuschneiden lassen. Um weiterer Inzucht vorzubeugen, könnten außerdem Korridore mit eingeschränktem Schiffsverkehr eingerichtet werden, die die Migration der Blauwale erleichtern und damit auch zu mehr genetischem Austausch führen, wie das Team vorschlägt. (Molecular Ecology, 2025; doi: 10.1111/mec.17619

Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

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