Paläontologie

Deutschland: Plesiosaurier samt Hautzellen gefunden

183 Millionen Jahre altes Meeresreptil war glatt und schuppig zugleich

Plesiosaurier
Die Haut von Plesiosauriern war an manchen Stellen schuppenbedeckt, an anderen glatt. © Joschua Knüppe

Fossile Mischhaut: Ein in Süddeutschland entdecktes Plesiosaurier-Fossil wirft neues Licht auf die Haut dieser urzeitlichen Meeresreptilien – sie war offenbar schuppenbedeckt und glatt zugleich, wie das samt Hautresten konservierte Fossil aus Holzmaden in Baden-Württemberg zeigt. Diese Kombination aus schuppiger und schuppenloser Haut machte den Plesiosaurier vor 183 Millionen Jahren wahrscheinlich hydrodynamischer und erleichterte ihm außerdem das Durchpflügen des Meeresbodens, wie das Team berichtet.

Während die Dinosaurier das Land beherrschten, wimmelte es in den Ozeanen über 140 Millionen Jahre lang von Meeresreptilien wie den langhalsigen Plesiosauriern. Die bis zu zwölf Meter langen Meeressaurier ernährten sich von Fischen und bewegten sich ähnlich wie Meeresschildkröten mit vier paddelartigen Flossen fort. Doch andere Details ihres Aussehens sind noch rätselhaft – darunter die Struktur ihrer Haut. Denn während sich fossile Knochen von Plesiosauriern weltweit finden lassen, sind versteinerte Weichteile extrem selten.

Plesiosaurier Fossil
Das Skelett des Plesiosauriers ist fast vollständig erhalten. © Klaus Nilkens/Urwelt-Museum Hauff

Ein Plesiosaurier aus Baden-Württemberg

Forschende um Miguel Marx von der schwedischen Universität Lund haben einen solchen seltenen Plesiosaurier mit erhaltenen Hautresten nun so detailliert untersucht wie nie zuvor. Bei dem Meeresreptil handelt es sich um einen 183 Millionen Jahre alten Plesiosaurier unbekannter Art, der bereits 1940 in der Nähe von Holzmaden in Baden-Württemberg gefunden, aber erst jetzt näher untersucht wurde. Das Skelett des rund 4,50 Meter langen Tieres ist fast komplett erhalten. Die Hautreste befinden sich am Schwanz und an der Hinterkante der rechten Vorderflosse.

Um herauszufinden, wie genau die Haut des Plesiosauriers einst aussah – ob sie etwa Schuppen besaß oder glatt war – entnahmen Marx und seine Kollegen zunächst fingernagelgroße Proben von Schwanz und Flosse und entfernten alle Mineralien, bis nur noch die organischen Reste übrigblieben. Dann analysierten sie die hauchdünnen Schnitte mit einer Vielzahl von Techniken, darunter der Rasterelektronenmikroskopie und der Röntgenspektroskopie, mit der sich die Elementzusammensetzung einer Probe ermitteln lässt.

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Haut am Schwanzbereich und an der Vorderflosse
Versteinerte Haut im Schwanzbereich (oben) im Vergleich zur Flossenkante © Klaus Nilkens/Urwelt-Museum Hauff

Ein Mosaik aus glatt und schuppig

„Ich war schockiert, als ich Hautzellen sah, die 183 Millionen Jahre lang erhalten geblieben waren. Es war fast so, als würde man moderne Haut betrachten“, sagt Marx. Überraschenderweise unterschied sich die Haut an Vorderflosse und Schwanz jedoch erheblich voneinander. Unter anderem stellten die Paläontologen fest, dass die äußerste Hautschicht am Schwanz mit einer Schichtdicke von 15 bis 25 Mikrometern relativ dünn war. Außerdem zeigte sich, dass die Keratinozyten – der häufigste Zelltyp der Epidermis – zur Außenfläche der Haut hin abflachten, was auf eine glatte, schuppenlose Haut im Schwanzbereich hindeutet.

An der Hinterkante der Vorderflosse hingegen waren kleine, annähernd dreieckige Strukturen zu erkennen, die an moderne Reptilienschuppen erinnern, wie Marx und seine Kollegen erklären. Sie seien insbesondere mit den harten Panzerschuppen von Meeresschildkröten sowie mit den Schuppen von Mosasauriern vergleichbar – räuberischen Meeresechsen, die zur selben Zeit lebten wie die Plesiosaurier.

Die Mischung macht‘s

Insgesamt entstand so ein Mosaik aus glatter Haut und Schuppen. Doch welchem Zweck diente diese „Mischhaut“? Wie Marx und sein Team vermuten, machte sie den Plesiosaurier hydrodynamischer. Die glatte Haut verringerte demnach den Wasserwiderstand des Meeresreptils, wodurch es effizienter durchs Wasser gleiten und Fische fangen konnte. Die Schuppen an den Brustflossen könnten wiederum deren Hinterkante ähnlich wie ein Ruder versteift und so die Fortbewegung unter Wasser noch weiter erleichtert haben.

Gleichzeitig könnten die verhärteten Schuppen dem Plesiosaurier auch dabei geholfen haben, sich über den rauen Meeresboden zu bewegen, um das Sediment nach Nahrung zu durchwühlen. Auf dieses Verhalten weisen sowohl versteinerte Flossenspuren im Sand als auch erhaltene Mageninhalte hin: Im Bauch einzelner Plesiosaurier wurden grobe Sedimentmassen und kleine Schnecken sowie Kopffüßer gefunden, die sich wahrscheinlich im Meeresboden versteckt gehalten hatten.

„Auch Meeresschildkröten und Delfine verschlucken große Mengen Sand und Schlamm, wenn sie die Meeresbodensedimente nach Beute durchsuchen“, erklären die Paläontologen. Und zumindest Meeresschildkröten weisen passenderweise ein ähnliches Hautmosaik auf wie einst der baden-württembergische Plesiosaurier. (Current Biology, 2025; doi: 10.1016/j.cub.2025.01.001

Quelle: Lund University

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