Medizin

Wenn das Immunsystem die Seiten wechselt

Wie hängen Krebs und Entzündungen zusammen?

Krebs entsteht, wenn einzelne Zellen sich unkontrolliert vermehren. Grund dafür sind meist Schäden am Erbgut dieser Zellen, die sich auch nicht mehr durch körpereigene Reparatursysteme beheben lassen. Viele solcher DNA-Schäden entstehen zufällig bei der Zellteilung, doch das individuelle Krebsrisiko ist auch vom persönlichen Lebensstil abhängig.

Magenschmerzen
Eine chronische Magenschleimhautentzündung mit Helicobacter pylori kann die Entstehung von Magenkrebs begünstigen. © AndreyPopov/ iStock

Aus Entzündung wird Krebs

Die meisten wissen wahrscheinlich, dass Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und Stress krebsfördernd wirken können, doch auch chronische Entzündungen sind ein wichtiger, wenn auch häufig übersehener Risikofaktor. So kann etwa eine chronische Magenschleimhautentzündung mit Helicobacter pylori zu Magenkarzinomen oder Lymphomen führen. Ein weiteres Beispiel ist die chronische Hepatitis B oder C, die zum Teil in Leberkrebs mündet.

Bei Frauen erhöht die Besiedlung mit Humanen Papilloma-Viren (HPV) das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, bei Männern kann sie zur Ausbildung von Kopf-Hals-Tumoren führen. Durch eine Antibiotikabehandlung bei chronischer Gastritis oder eine vorbeugende Impfung bei HPV ist das Krebsrisiko heute nachweislich gesunken. Aber wie genau begünstigen Entzündungen überhaupt die Entstehung von Krebs?

Krebs rekrutiert Riesenfresszellen

Die ursächlichen Zusammenhänge zwischen Krebs und Entzündungen werden im Detail erst seit etwa 20 Jahren erforscht. Zur Jahrtausendwende kamen die Riesenfresszellen (Makrophagen) in den Fokus. Sie gehören zur vordersten Front der Immunabwehr. Zunächst zirkulieren sie als Monozyten im Blut. Bei Infektionen und Verletzungen wandern sie ins Gewebe ein und differenzieren dort zu Makrophagen.

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Fatales Duo: Entzündungen und Krebs
Wie das Tumor-Mikromilieu neue Ziele für die Therapie bietet

Wenn das Immunsystem die Seiten wechselt
Wie hängen Krebs und Entzündungen zusammen?

Entzündungsblocker als Krebsschutz
Neuen Therapieansätzen auf der Spur

Neue Medikamente gegen Krebs?
Wie die Entzündungsforschung die Heilungschancen verbessert

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Makrophagen
Makrophagen gehören zur vordersten Front der Immunabwehr. © 7activestudio/ iStock

In dieser Form fressen und zerkleinern die Abwehrzellen körperfremde Proteine – etwa Bakterien oder Viren – und präsentieren sie den T-Zellen des Immunsystems. Diese produzieren passgenaue Antigene, um die Erreger schnell neutralisieren zu können. Gleichzeitig locken die Riesenfresszellen weitere Makrophagen durch chemische Lockstoffe (Chemokine) ins Gewebe.

In der Umgebung von Krebszellen werden die Makrophagen jedoch zu Überläufern. Ihr genetisches Programm ändert sich, sodass sie die Krebszellen nicht bekämpfen, sondern in ihrem Wachstum sogar noch unterstützen. Epidemiologische Daten zeigen, dass sich die Überlebenschancen von Patienten verschlechtern, wenn in der Umgebung des Krebses besonders viele dieser Tumor-assoziierten Makrophagen nachweisbar sind.

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