Geowissen

Neue Karte zeigt die Antarktis ohne Eis

Bisher genaueste Vermessung enthüllt Topografie und neuen Ort der größten Eisdicke

Antarktiskarte
Die neue Kartierung zeigt die subglaziale Topografie der Antarktis so genau wie nie zuvor. © Bedmap3, Pritchard et al./ Scientific Data, 2025

Vom Eis befreit: Eine neue Karte zeigt die Landschaft unter dem Eispanzer der Antarktis so präzise wie nie zuvor. Sie enthüllt die Topografie der Berge, Schluchten und Senken, zeigt aber auch Überraschendes. So liegt die Stelle mit der größten Eisdicke woanders als bisher gedacht. Wichtig ist die Kartierung aber nicht nur für Geografie und Geologie. Sie verrät auch, wie die subglaziale Landschaft die Bewegungen der Eismassen lenkt – und ermöglicht so genauere Prognosen der Eisschmelze.

Die Antarktis ist fast vollständig von kilometerdickem Eis bedeckt. Wie es darunter aussieht, lässt sich nur erahnen. Erst moderne Radartechniken erlauben es, die Topografie unter dem Eis zu erkunden. Sie zeigen unter anderem tiefe Schluchten, verzweigte Flusssysteme und ausgedehnte Vulkanfelder. Ganze Landschaften wurden vor rund 35 Millionen Jahren unter den Eismassen begraben.

vereiste Antarktis
Der kilometerdicke Eispanzer der Antarktis verdeckt die darunter liegende Topografie und macht es schwer, die Landschaften des Südpol-Kontinents zu kartieren. © Bedmap3, Pritchard et al./ Scientific Data, 2025

Subglaziale Topografie enthüllt

Jetzt zeigt eine neue Karte die Topografie des Südpol-Kontinents so genau und detailliert wie nie zuvor. Erstellt wurde sie in sechsjähriger Arbeit durch ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Hamish Pritchard vom British Antarctic Survey (BAS). Das Team wertete für diese „Bedmap3“ genannte Kartierung alle seit den 1950er Jahren gewonnenen Radar-Daten aus, die mit Flugzeugen, Satelliten, Schiffen und sogar Hundeschlitten gesammelt wurden.

Das Ergebnis ist eine topografische Karte, die die Antarktis sozusagen auszieht: Sie zeigt den Kontinent, wie er ohne den 27 Millionen Kubikkilometer umfassenden Eispanzer aussehen würde. „Bedmap3 enthüllt die subglaziale Landschaft und Eisverteilung in viel höherem Details als zuvor“, berichten die Forschenden. So präzisiert die Kartierung unter anderem die Topografie der subglazialen Canyons und Berge und zeigt an den Küsten, wo genau die Grundlinien der großen antarktischen Gletscher liegen.

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Die neue Karte beseitigt aber auch einige „weiße Flecken“ früherer Kartierungen: „Sie füllt Lücken in den großen Gebirgsketten und im tiefen Inneren der Ostantarktis, außerdem entlang der westantarktischen Küsten und auf der antarktischen Halbinsel“, erklären Pritchard und sein Team.

Eisdicken der Antarktis
Bedmap3-Karte der antarktischen Eisdicken. © Bedmap3, Pritchard et al./ Scientific Data, 2025

Wo ist der Eispanzer am dicksten?

Die Bedmap3-Daten brachten auch eine Überraschung: Sie geben auch die Eisdicken in verschiedenen Regionen der Antarktis genauer an als bisher. Dies enthüllte, dass der Ort mit der vermeintlich dicksten Eisdecke gar nicht der Rekordhalter ist. Frühere Erhebungen verorteten diese Stelle Ort im Astrolabe-Becken der Ostantarktis. An dieser Stelle des Adélie-Landes bildet die subglaziale Landschaft ein riesiges, tiefliegendes Becken, über dem sich besonders dicke Eismassen auftürmen – so dachte man.

Doch die Bedmap3- Kartierung enthüllt: Der echte Rekordhalter in puncto Eisdicke ist ein Canyon im direkt benachbarten Wilkes-Land. Dort ist der Eispanzer 4.757 Meter dick – das entspricht ungefähr der Höhe des Mont Blanc, des höchsten Gipfels der Alpen. Der tiefste Punkt der Antarktis befindet der Kartierung zufolge unter dem Byrd-Gletscher, der in das Rossmeer mündet. Unter diesem Eisstrom liegt der Felsgrund 2.973 Meter unter dem Meeresspiegel.

Die enorme Auflast des Antarktischen Eisschilds macht sich auch insgesamt bemerkbar: Sie drückt den Felsuntergrund in die Tiefe, so dass 5,65 Millionen Quadratkilometer des Kontinents unter dem Meeresspiegel liegen – das entspricht 46,7 Prozent der gesamten Fläche der Antarktis, wie die Bedmaß3-Daten verraten.

Prägend auch für die Bewegungen der Eisströme

Wichtig ist die neue Kartierung aber nicht nur, um die Geologie und Topografie der Antarktis besser zu kennen. Die subglaziale Landschaft prägt auch die Bewegung der darüberliegenden Eismassen: „Stellen Sie sich vor, Sie gießen Sirup über einen Steinkuchen – alle Klumpen, alle Unebenheiten bestimmen, wohin der Sirup fließt und wie schnell“, erklärt Pritchard. „Und so ist es auch in der Antarktis: Einige Erhebungen werden das fließende Eis aufhalten, die Vertiefungen und glatten Stellen sind hingegen die Punkte, an denen das Eis beschleunigt werden könnte.“

Damit ist Bedmap3 auch ein wichtiges Instrument, um zu verstehen, wie die Antarktis auf eine Klimaerwärmung reagieren könnte. „Dies sind die grundlegenden Informationen, die die Computermodelle untermauern, die wir verwenden, um zu untersuchen, wie das Eis über den Kontinent fließen wird, wenn die Temperaturen steigen“, sagt Pritchard. Zudem zeigt die Karte genauer als bisher, wo die auf Grund aufliegenden Gletscher enden und wo das schwimmende Schelfeis beginnt.

„Generell ist klar geworden, dass der antarktische Eisschild dicker ist als bisher angenommen und dass er ein größeres, unterhalb des Meeresspiegels aufliegendes Eisvolumen besitzt“, sagt Koautor Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. „Bedmap3 zeigt uns, dass die Antarktis etwas anfälliger ist, als wir bisher dachten.“ (Scientific Data, 2025; doi: 10.1038/s41597-025-04672-y)

Quelle: British Antarctic Survey (BAS), Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

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