Astronomie

Supernova schuld an zwei von fünf Massenaussterben?

Nahe Sternexplosionen könnten Katastrophen im Ordovizium und Devon ausgelöst haben

Supernova und Erde
Eine nahe Supernova kann für die Erde und ihre Bewohner zur tödlichen Gefahr werden. © Trifonenko/ iStock

Tod aus dem All: Zwei der fünf großen Massenaussterben könnten eine kosmische Ursache haben – sie wurden möglicherweise durch nahe Supernova-Explosionen ausgelöst, wie Astronomen ermittelt haben. Demnach könnten sich vor 445 und 375 Millionen Jahren zwei Sternexplosionen so nahe ereignet haben, dass sie die irdische Ozonschicht schädigten und drastische Klimaveränderungen auslösten. Als Folge starben am Ende des Ordoviziums und des Devons 60 beziehungsweise 70 Prozent der Arten aus.

Im Laufe der Erdgeschichte wäre das irdische Leben fünfmal fast wieder ausgelöscht worden. Bei diesen „Big Five“ der Massenaussterben starben jeweils zwischen 60 und 80 Prozent der Organismen aus. Doch die Auslöser dieser biologischen Katastrophen sind erst in Teilen bekannt. Demnach waren am Massenaussterben im Perm vor rund 250 Millionen Jahren wahrscheinlich die Vulkanausbrüche der sibirischen Trapps schuld. Das Ende der Dinosaurier-Ära vor 66 Millionen Jahren geht hingegen auf den Einschlag des Chicxulub-Asteroiden und zeitgleich aktiven Vulkane der Dekkan-Trapps in Indien zurück. Doch für die anderen drei Massenaussterben vor 445, 375 und 202 Millionen Jahren sind die Ursachen strittig.

Massenaussterben
Die fünf großen Massenaussterben (gelb) der letzten 500 Millionen Jahre. Nur für zwei davon sind die Ursachen weitgehend geklärt. © Dragons flight/ Albert Mestre, CC-by-sa 3.0

Volkszählung unter kurzlebigen nahen Sternen

Jetzt haben Astronomen Hinweise auf eine kosmische Ursache für zwei dieser Ereignisse entdeckt – eher durch Zufall. Denn Alexis Quintana von der Universität Alicante und seine Kollegen wollten mit ihrer Studie eigentlich die Zahl und Verteilung der kurzlebigen, massereichen OB-Sterne im Umkreis von rund 3.260 Lichtjahren – einem Kiloparsec – ermittelen. Diese heißen, bläulichen Sternenriesen explodieren schon nach wenigen Millionen Jahren wieder und spielen daher eine wichtige Rolle als Erzeuger schwerer Elemente im Kosmos.

Die Analyse ergab: Es gibt zurzeit gut 24.700 solcher OB-Sterne im Umkreis von einem Kiloparsec, viele von ihnen häufen sich in bekannten Sternentstehungsregionen wie dem Orionnebel. Mithilfe eines Modells ermittelten die Astronomen dann, wie oft es in diesem Umkreis und bei dieser Anzahl von OB-Sternen zu einer Supernova kommt. Das Ergebnis: Im Schnitt explodieren pro Million Jahre rund 16 bis 20 solcher Sterne, wie Quintana und sein Team berichten. Der Großteil dieser Supernovae ist allerdings weit genug entfernt und daher für die Erde harmlos.

In den Schlagzeilen

News des Tages

kosmische Hintergrundstrahlung

Neues Babybild unseres Universums

Diese Taube ist der Dodo der Karibik

Spontane Spiralmuster im Halbleiter

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Zwei bis drei Supernovae mit „Killer-Potenzial“

Doch wie viele dieser Supernovae sind eine echte Gefahr? „Wenn ein massereicher Stern in der Nähe der Erde als Supernova explodieren würde, wären die Folgen für das Leben auf der Erde verheerend“, sagt Koautor Nicholas Wright von der britischen Keele University. Modellen zufolge liegt die Todeszone bei rund 30 Lichtjahren Entfernung, aber auch eine rund 65 bis 160 Lichtjahre entfernte Supernova kann erhebliche Folgen für das irdische Leben haben. Die Astronomen untersuchten daher, wie oft Sternexplosionen im 65-Lichtjahres-Umkreis um die Erde stattfinden.

Das Resultat: Im Laufe der letzten rund eine Milliarde Jahre müssten zwei bis drei Sterne so nah an unserem Planeten explodiert sein, dass dies zerstörerische Folgen hatte. Ein bis zwei dieser Supernovae könnten sich in den letzten rund 500 Millionen Jahren ereignet haben – zeitgleich mit großen Massenaussterben. „Zwei dieser Katastrophen sind mit Perioden intensiver Vereisung verbunden – möglicherweise hervorgerufen durch ein dramatisches Absinken der atmosphärischen Ozonwerte“, erklären die Astronomen. Genau dies gilt als typische Folge einer erdnahen Sternexplosion.

Ordovizium- und Devon-Katastrophe mit stellarer Ursache?

Konkret vermuten Quintana und sein Team, dass die Massenaussterben am Ende des Ordoviziums vor 445 Millionen Jahren und am Ende des Devons vor 375 Millionen Jahren von solchen erdnahen Supernovae ausgelöst wurden. Im Ordovizium starben rund 85 Prozent aller Arten aus. Damals sanken die globalen Temperaturen um mehrere Grad, gleichzeitig gab es einen starken Sauerstoffschwund in den Meeren. Als mögliche Ursachen galten bisher unter anderem die Plattentektonik oder kosmischer Staub durch eine nahe Asteroidenkollision.

Am Ende des Devons starben bis zu 80 Prozent aller marinen Spezies aus, unter ihnen die Panzerfische und viele Ammoniten- und Korallenarten. Auch bei diesem Massenaussterben ist der Auslöser strittig. 2018 führte ein Forschungsteam die Devon-Katastrophe auf gewaltige Vulkanausbrüche zurück, als Indiz dafür galten die stark erhöhten Quecksilberwerte jener Zeit. 2020 postulierte ein anderes Team jedoch, dass auch eine nahe Supernova die geologischen Daten erklären könnte.

Nach Ansicht von Quintana und seinem Team liefern ihre Ergebnisse nun eine Bestätigung dafür. „Unsere Daten passen zum Szenario, dass eines oder beide dieser Aussterbe-Ereignisse durch eine erdnahe Supernova verursacht wurden“, so die Astronomen. „Das illustriert sehr gut, dass massereiche, kurzlebige Sterne sowohl als Schöpfer wie als Zerstörer des Lebens wirken können.“

Antares
Der Rote Überriese Antares steht vor einer Supernova, kann uns aber nicht gefährlich werden.© ESO/K. Ohnaka, CC-by 4.0

Wie hoch ist das Risiko in der Zukunft?

Die gute Nachricht jedoch: Zumindest in naher Zukunft droht uns keine solche Katastrophe. Denn im Moment kennen Astronomen nur zwei relativ nahe Sterne, die kurz vor einer Supernova stehen. Der erste ist der rund 600 Lichtjahre entfernte Rote Überriese Antares, der sich bereits auf die 700-fache Sonnengröße aufgebläht hat. Der sterbende Stern hat Teile seiner Hülle ausgeschleudert und könnte innerhalb der nächsten Millionen Jahre explodieren.

Der zweite ist der rund 700 Lichtjahre entfernte Riesenstern Beteigeuze. Er sorgte Ende 2019 für Schlagzeilen, weil er sich plötzlich stark verdunkelte. Wenige Monate später stellte sich dann heraus, dass der Rote Überriese eine gewaltige Plasmaeruption durchlebt hatte, die eine verdunkelnde Staubwolke erzeugte. Auch Beteigeuze gilt als baldiger Supernova-Kandidat. Doch beide Sterne sind weit genug entfernt – der Erde würde bei ihrer Explosion keine Gefahr drohen. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2025; arXiv-Preprint doi: 10.48550/arXiv.2503.08286)

Quelle: Royal Astronomical Society

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

Bücher zum Thema

Erdgeschichte - Spurensuche im Gestein von Peter Rothe

Top-Clicks der Woche