Energie

Solaranlagen: Leistung oft zu hoch angegeben

Forscher weisen seit 2017 vermehrt zu hohe Angaben bei Solarmodul-Herstellern nach

Solaranlage
Bei vielen Photovoltaik-Modulen stimmen tatsächliche Leistung und Herstellerangaben nicht überein. © Eloi Omella/ Getty images

Schmu oder Versehen? Seit 2017 weichen die Leistungen von Solarmodulen auffällig oft von den Herstellerangaben ab – im Schnitt liegen die Angaben um 1,3 Prozent zu hoch, wie systematische Nachmessungen von mehr als 70.000 Solarmodulen ergeben haben. Die Diskrepanzen gehen den Forschern zufolge über bloße Messabweichungen hinaus. Umgerechnet auf ganz Deutschland entspricht die negative Abweichung der Nennleistung eines der größten Solarparks in Deutschland.

Wenn es um Solarenergie geht, ist die Leistung der einzelnen Photovoltaikmodule eine wichtige Kenngröße. Sie verrät unter anderem, welche Fläche man benötigt, um bei gegebener Sonneneinstrahlung die gewünschte Strommenge zu erhalten. Doch wie verlässlich sind die Angaben der Hersteller? Diese Frage untersucht ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE schon seit 2012 durch systematisches Nachmessen. Rund 70.000 solcher Leistungsmessungen an Photovoltaik-Modulen haben sie bereits unter standardisierten Bedingungen durchgeführt.

Messergebnisse
Ergebnisse der Leistungsmessung im Vergleich zu den Herstellerangaben. Seit 2017 liegen die Messwerte niedriger als das Soll. © Fraunhofer ISE

Deutliche Diskrepanz ab dem Jahr 2017

In einer neuen Analyse haben die ISE-Forscher um Daniel Phillip die Werte und Abweichungen für monokristalline Silizium PV-Module der 15 Top-Hersteller erneut ermittelt. Das Ergebnis: Bis 2016 lagen die Abweichungen zwischen Herstellerangabe und tatsächlicher Leistung der Solarmodule im üblichen Bereich. Im Schnitt unterschieden sich die Messwerte um rund 0,6 Prozent von den Angaben, häufig war die gemessene PV-Leistung sogar höher als angegeben.

Doch ab 2017 zeigt sich eine Trendumkehr: Die ab dann überprüften Photovoltaikmodule haben größtenteils eine geringere Leistung als offiziell angegeben, wie die Forscher ermittelten. „Für das Jahr 2023 gipfelte das in einer negativen Abweichung zwischen Herstellerangabe und unserer Überprüfung von etwa 1,3 Prozent. Eine positive Abweichung wurde so gut wie nicht mehr beobachtet, berichtet Philipp. „Im Jahr 2024 beobachten wir eine leichte Trendwende, aber immer noch im Mittel starke negative Abweichungen von 1,2 Prozent.“

In den Schlagzeilen

News des Tages

kosmische Hintergrundstrahlung

Neues Babybild unseres Universums

Diese Taube ist der Dodo der Karibik

Spontane Spiralmuster im Halbleiter

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Minderleistung entspricht einem ganzen Solarpark

1,2 Prozent klingt nach nicht viel, ist aber deutlich mehr als über normale Messabweichungen erklärbar, wie die Forscher erklären. Hinzu kommt, dass sich diese Minderleistung summiert. „Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Daten repräsentativ für den deutschen Installationsmarkt sind, entspricht eine durchschnittliche Minderleistung von 1,2 Prozent einer Gesamtleistung von etwa 195 Megawatt bei einem Zubau von 16,2 Gigawatt im Jahr 2024“, erklärt Philipp.

Anders ausgedrückt: Die im Jahr 2024 wegen der fehlerhaften Angaben weniger installierte und erzeugte Strommenge entspricht der Nennleistung eines der größten Solarparks in Deutschland. Ob die Hersteller die Leistungen ihrer Solarmodule absichtlich schön rechnen oder ob es sich um ein Versehen handelt, ist bislang offen. „Die Erkenntnisse machen aber deutlich, wie wichtig eine verlässliche, kontinuierliche und unabhängige Infrastruktur zur Qualitätsüberprüfung von PV-Modulen ist“, sagt Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer ISE.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

Bücher zum Thema

Erneuerbare Energie - von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr

Top-Clicks der Woche