Umwelt

Mikroben zersetzen Plastikfolien

Bioabbau von Kunststoff in der Landwirtschaft könnte unsere Böden schützen

Plastik auf dem Acker: Für viele Landwirte ist der Einsatz sogenannter Mulchfilme unverzichtbar. © Gomez David/ iStock.com

Bodenbewohner als „Plastikfresser“: Forscher haben erstmals nachgewiesen, dass bestimmte im Boden heimische Mikroorganismen den Kunststoff PBAT zersetzen. Demnach können Pilze und wahrscheinlich auch Bakterien dieses Polymer in seine einzelnen Bausteine zerlegen und anschließend verwerten. Damit könnte PBAT künftig nicht-abbaubare Kunststoffe in landwirtschaftlich genutzten Plastikfolien ersetzen – und einen Beitrag zum Schutz von Böden und Umwelt leisten.

Der Mensch müllt die Erde mit Plastik zu: Mehr als 300 Millionen Tonnen Kunststoff werden jährlich weltweit produziert – einiges davon auch für die Landwirtschaft. Dort wird Plastik unter anderem für sogenannte Mulchfilme verwendet. Mit diesen Folien decken Bauern ihre Böden ab, um für Pflanzenwurzeln ein besseres Klima zu schaffen oder sie vor Schädlingen zu schützen. Das Problem: Der dafür üblicherweise verwendete Kunststoff Polyethylen (PE) ist biologisch kaum abbaubar. Er findet sich daher noch Jahre später als Plastikmüll in der Umwelt wieder.

Es gibt allerdings Mikroben, die bestimmte Formen von Plastik abbauen können – angeblich auch das Polybutylenadipat-terephthalat, kurz PBAT. Wäre dieses Material eine geeignete Alternative für umweltfreundliche Mulchfilme? Dieser Frage sind Michael Thomas Zumstein von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und seine Kollegen nun nachgegangen. Denn ob das Polymer tatsächlich von Mikroorganismen im Boden zersetzt werden kann, konnte bisher noch nicht direkt nachgewiesen werden.

Mikrobielle Kohlenstoffverwertung

Für ihre Studie verwendeten die Forscher ein spezielles PBAT, dessen Bausteine statt des herkömmlichen Kohlenstoffs 12C eine erhöhte Menge des stabilen Kohlenstoff-Isotops 13C enthielten. „Da das 13C-Isotop in der Umwelt nur etwa ein Prozent allen Kohlenstoffs ausmacht, kann es hervorragend verwendet werden, um den Fluss von Kohlenstoffatomen aus dem Polymer während des Bioabbaus in Böden zu verfolgen“, erklärt Zumstein.

Mikroorganismen besiedeln und zersetzen das PBAT. © ETH Zürich

Im Experiment füllten sie Glasflaschen mit jeweils 60 Gramm natürlichem Boden und gaben anschließen PBAT-Filme hinzu. Was würde nach sechs Wochen in diesen Mini-Ökosystemen passiert sein? Massenspektroskopische Analysen zeigten: Tatsächlich hatten die im Boden lebenden Mikroorganismen damit begonnen, 13C aus allen organischen Bausteinen des Polymers zu befreien und zu verwerten.

Wie lange dauert die Zersetzung?

Wie die Wissenschaftler berichten, verwandelten die Mikroben den Kohlenstoff im Zuge ihrer Atmung in Kohlenstoffdioxid und bauten ihn zudem nachweislich in ihre Biomasse ein. Doch wer waren diese fleißigen Wesen? Weitere Messungen offenbarten, dass am Abbau des Plastiks sowohl Pilze als auch einzellige Mikroorganismen – also höchstwahrscheinlich Bakterien – beteiligt waren.

„Unsere Arbeit belegt damit erstmals, dass Bodenorganismen PBAT mineralisieren und den Kohlenstoff aus den Mulchfilmen für den Zuwachs an Biomasse verwenden“, sagt Zumsteins Kollege Michael Sander. Allerdings: Wie schnell das ganze in der Natur vonstattengeht, können die Forscher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Dafür seien Langzeit-Experimente im freien Feld nötig.

„Wichtiger erster Schritt“

„Wir sind noch weit davon entfernt, das globale Plastikproblem zu lösen. Aber uns ist ein entscheidender erster Schritt hin zur Bioabbaubarkeit von Plastik im Boden gelungen.“ Dieser Schritt ist nicht nur für die Umwelt im Allgemeinen, sondern auch direkt für die Landwirtschaft wichtig. Denn Plastikrückstände im Boden beeinträchtigen Pflanzenwachstum und Ertrag.

Weitere Forschung soll nun zeigen, welchen Beitrag bioabbaubare Polymere wie PBAT zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft leisten können – und womöglich darüber hinaus. Könnten PBAT-Produkte zum Beispiel auch für den Einsatz im Meer eine Alternative darstellen? „Die Ergebnisse vom Boden lassen sich nicht einfach auf andere Umgebungen wie Meerwasser übertragen, weil dort ganz andere Mikrobengemeinschaften heimisch sind“, schließt Sanders. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.aas9024)

(AAAS/ ETH Zürich/ TU Wien, 26.07.2018 – DAL)

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