Echos der Vergangenheit: Auf dem Mars haben Forscher erstmals „Geisterdünen“ entdeckt – sichelförmige Senken, die wie eine Negativform den Standort einstiger Dünen anzeigen. Die mehr als 780 marsianischen Geisterdünen sind vermutlich vor mehr als zwei Milliarden Jahren entstanden. Schlamm oder Lava umschlossen damals die Dünenseitlich seitlich, dann blies Wind den Sand aus. Zurück blieb die charakteristische Hohlform, die nun wertvolle Einblicke in die früheren Bedingungen liefert, so die Forscher.
Dünen gibt es überall dort, wo lose Partikel vom Wind bewegt werden – ob in der Wüste, den eisigen Weiten der Antarktis oder den Stränden der Ozeane. Aber auch auf dem Mars, dem Saturnmond Titan und vermutlich weiteren Himmelskörpern existieren ausgedehnte Dünenfelder. Die marsianischen Dünen ähneln dabei verblüffend den irdischen Barchanen – Sicheldünen, deren spitze Enden in Wanderrichtung zeigen.
Senke statt Hügel
Auf dem Mars haben nun Mackenzie Day und David Catling von der University of Washington in Seattle ein besonders seltenes und ungewöhnliches Dünenphänomen aufgespürt: Geisterdünen. Dass es diese Gebilde überhaupt gibt, haben Forscher auf der Erde erst im Jahr 2016 am Snake Plain River in Idaho entdeckt. Sie bestehen aus einer Senke im Boden, die die Form einer früheren Düne nachzeichnet – wie eine Negativform.
Eine solche Geisterdüne entsteht, wenn Schlamm oder auch Lava eine Sanddüne umfließt, teilweise einschließt und dann erstarrt. Im Laufe der Zeit weht dann der Wind das sandige Innere dieser „Gussform“ davon, die feste Hülle aber bleibt und konserviert die frühere Form und Größe der Düne. Übrig bleibt dann im Fall einer klassischen Sicheldüne eine sichelförmige Senke.
Geisterdünen in gleich zwei Mars-Regionen
Genau solche Geisterdünen haben die Forscher nun erstmals auf dem Roten Planeten aufgespürt. Bei der Auswertung von Aufnahmen der Marsoberfläche fielen ihnen in zwei Regionen ganze Felder dieser auffälligen Sichelsenken auf. „Sie zeigen alle in die gleiche Richtung, wie man es von Wanderdünen erwarten würde, die alle unter den gleichen Windverhältnissen geformt wurden“, sagt Day.
Insgesamt identifizierten die Wissenschaftler mehr als 780 Geisterdünen auf dem Mars. Rund 480 von ihnen liegen in der zerklüfteten Landschaft von Noctis Labyrinthus – dem von Hochplateaus und Schluchten durchzogenen Gebiet am Ausgang des großen Marscanyons Valles Marineris. Mehr als 300 weitere Dünen finden sich in Hellas Planitia, einer rund 2.700 Kilometer großen Einschlagssenke auf der Südhalbkugel des Planeten.
Wind wehte damals anders
„Form und Größe verraten uns, dass diese Gebilde Relikte eines alten Dünensystems sind“, sagt Day. Die ursprünglichen Sanddünen ragten vermutlich zwischen 40 und 75 Meter hoch auf, bevor sie vor rund zwei Milliarden Jahren von ihrer „Gussform“ umschlossen wurden. Im Falle des damals vulkanisch aktiven Gebiets Noctis Labyrinthus könnte Lava die Hülle der Dünnen gebildet haben. Beim Dünenfeld Hellas Planitia könnte Schlamm aus zwei nahegelegenen Flüssen das Hüllmaterial geliefert haben.
Spannend auch: Die Form der Geisterdünen liefert wertvolle Informationen über ihre Entstehungsbedingungen. „Das coole an ihnen ist: Sie verraten uns, dass der Wind auf dem Mars in der Vergangenheit anders wehte als heute“, erklärt Day. Denn die Spitzen der Geisterdünen zeigen nicht in die heute in diesen Gebieten vorherrschende Windrichtung. „Das bestätigt, dass die Umweltbedingungen auf dem Mars über lange Zeiträume hinweg nicht statisch sind“, so Day. „Das ist wichtig zu wissen, um die Geologie des Roten Planeten interportieren zu können.“
Spuren früheren Lebens?
Ihrer Ansicht nach könnte es sich lohnen, die Geisterdünen bei künftigen Marsmissionen näher zu erkunden. Denn möglicherweise ist in den Spitzen dieser Senken noch alter Dünensand zu finden – und er könnte Spuren früheren Lebens enthalten. „Höchstwahrscheinlich lebt dort heute nichts mehr“, so Day. „Aber wenn es jemals Leben auf dem Mars gab, dann ist dies ein besserer Ort um danach zu suchen als die meisten.“ (Journal of Geophysical Research: Planets, 2018; doi: 10.1029/2018JE005613)
(American Geophysical Union, 12.07.2018 – NPO)