Forscher warnen: Der Klimawandel könnte die globalen Märkte für Mais und andere Getreide destabilisieren. Denn durch die globale Erwärmung werden Ernteausfälle bei den Haupterzeugerländern häufiger – und sie treten öfter gleichzeitig auf. Als Folge bricht der weltweite Mais-Nachschub ein und der Weltmarkt reagiert mit dramatischen Preisanstiegen. Das könnte die Versorgung vor allem ärmerer Regionen und großer Ballungsräume gefährden, so die Wissenschaftler.
Klimaforscher prognostizieren schwere Zeiten für Landwirte: Für die Weizen-Anbaugebiete Europas sagen sie eine Verdopplung bis Verdreifachung widriger Wetterereignisse voraus – mit entsprechend drastischen Ernteausfällen. Studien belegen zudem, dass viele Getreide gerade auf Hitzewellen sensibel reagieren und auch zu stark steigende CO2-Werte wirken sich negativ auf die Erträge aus. Schon jetzt gibt es weltweit messbare Ernteeinbußen.
„Hält die Erwärmung unvermindert an, wird es zu signifikanten globalen Ertragseinbußen kommen: Für jedes Grad mehr in der globalen Mitteltemperatur könnten die Erträge für Mais im Mittel um 7,4 Prozent sinken, für Weizen um sechs Prozent und für Reis und Sojabohnen um gut drei Prozent“, erklären Michelle Tigchelaar von der University of Washington in Seattle und ihre Kollegen.
Wie stabil ist die globale Maisproduktion?
Doch das ist nicht alles, wie die Forscher nun herausgefunden haben. Auch die Stabilität der Versorgung mit Mais – und vermutlich auch anderen Getreiden – auf dem Weltmarkt könnte in Zukunft abnehmen. Im Moment dominieren nur eine Handvoll Länder den weltweiten Maisanbau: Knapp 70 Prozent des Maises wird in den USA, China, Brasilien und Argentinien angebaut. Weil China vorwiegend für den heimischen Markt produziert, machen die drei anderen Länder zusammen mit der Ukraine sogar 87 Prozent der weltweiten Maisexporte aus, wie die Wissenschaftler berichten.
Bisher aber ist der Weltmarkt für Mais trotz dieser Dominanz relativ stabil: „Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Hauptexporteure gleichzeitig Ertragseinbußen von mehr als zehn Prozent erleben, liegt heute fast bei Null“, so die Forscher. Doch was ist, wenn die globalen Mitteltemperaturen um zwei oder vier Grad steigen – wie für Ende dieses Jahrhunderts vorhergesagt? Das haben Tigchelaar und ihre Kollegen mithilfe einer Simulation ermittelt.
Synchrone Missernten drohen
Das Ergebnis: Mit den steigenden Temperaturen werden sich auch die Schwankungen in der jährlichen Maisproduktion verstärken. Anders ausgedrückt: Missernten werden extremer und damit auch der Unterschied zwischen guten und schlechten Erntejahren. „Selbst bei optimistischen Szenarien wird sich allein in den USA die jährliche Variabilität bis 2050 verdoppeln“, berichtet Tigchelaars Kollege David Battisti. „Das gleiche gilt auch für die anderen großen Maisexporteure.“
Das Bedrohliche daran: „Je mehr sich der Planet erwärmt, desto wahrscheinlicher wird es, dass schwerwiegende Missernten in mehreren Ländern gleichzeitig auftreten“, berichten die Forscher. Schon bei einer Erwärmung um zwei Grad steigt ihren Berechnungen nach das Risiko eines Ausfalls bei den vier Top-Maisproduzenten auf sieben Prozent. Wird es vier Grad wärmer, könnte die Gefahr solcher synchronen Missernten sogar auf 87 Prozent steigen.
„Und wir haben dabei noch einen sehr konservativen Ansatz gewählt“, betont Battisti. Denn die Forscher gingen von etwa gleichbleibenden Wetterabläufen aus. Prognosen zufolge werden aber Wetterextreme wie Starkregen, Dürren oder Hitzewellen durch den Klimawandel künftig deutlich häufiger werden.
Folgen für den Weltmarkt
Für den Weltmarkt und die Versorgung der globalen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln sind dies keine guten Nachrichten. „Solche synchronen Produktions-Schocks werden gewaltige Auswirkungen auf die globalen Getreidemärkte haben“, warnen die Forscher. „Denn die Ernteschwankungen bestimmen die Preise auf dem Weltmarkt und das wiederum hat erhebliche Konsequenzen für die Versorgungssicherheit.“
Hinzu kommt, dass viele Maisproduzenten ihre Exporte bei Missernten stark zurückfahren, um den inländischen Bedarf zu decken. Als Folge dünnt das Angebot auf dem Weltmarkt noch stärker aus und die Preise steigen, wie die Forscher erklären. Leidtragende sind dabei ärmere Länder, aber auch die ärmere und städtische Bevölkerung wohlhabender Staaten.
Nach Ansicht der Wissenschaftler ist daher wichtig, den Mais und andere wichtige Getreide an die künftigen Entwicklungen anzupassen. Es sei dringend nötig, hitzetolerantere Sorten zu entwickeln, um kommenden Missernten vorzubeugen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; doi: 10.1073/pnas.1718031115)
(University of Washington, 12.06.2018 – NPO)