Vorfahre des „Schwarzen Todes“: Die berüchtigte Beulenpest befiel Menschen schon vor rund 4.000 Jahren – und damit 1.000 Jahre früher als bisher gedacht, wie Analysen von Erregerproben beweisen. Demnach besaß das Pestbakterium bereits damals die entscheidenden genetischen Anpassungen, um in Flöhen zu überleben und sich explosionsartig verbreiten zu können.
Die Pest hat im Laufe der Geschichte immer wieder verheerende Seuchen ausgelöst. Im 6. Jahrhundert wütete die sogenannte Justinianische Pest, im Mittelalter ging der Yersinia pestis-Erreger als der „Schwarze Tod“ in Europa um. Auch heute noch bedroht die Krankheit Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt – erst im vergangenen Jahr brach sie etwa in Madagaskar aus. Als Hauptüberträger für die Pestbakterien gelten Flöhe, die beim Blutsaugen die Erreger auf neue Opfer verbreiten.
Wann wurde der Erreger so gefährlich?
Trotz ihrer historischen und gegenwärtigen Bedeutung ist der Ursprung der Pest noch unzureichend erforscht. Zwar wissen Forscher inzwischen, dass ihr Erreger schon vor rund 4.800 Jahren die ersten Menschen infizierte. Damals fehlte ihm jedoch noch das Gen, um in Flöhen überleben und sich somit besonders schnell verbreiten zu können. Diese für die berüchtigte Beulenpest typische Fähigkeit muss das Bakterium demnach später erworben haben. Doch wann genau?
Um diese Frage zu klären, haben sich Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena und seine Kollegen nun auf die Suche nach weiteren Yersinia pestis-Genomen aus der Vergangenheit gemacht. Dabei gelang es ihnen, DNA-Spuren des Bakteriums bei zwei Skeletten der Srubnaya-Kultur aus einem Grab im heutigen Russland zu isolieren.
1.000 Jahre früher als gedacht
Die Analyse dieser Spuren zeigte: „Beide Individuen waren mit dem gleichen Stamm von Yersinia pestis infiziert und dieser Stamm weist alle genetischen Komponenten auf, die für die Beulenpest als charakteristisch gelten“, berichtet Krauses Kollegin Kirsten Bos. Demnach konnten sich diese Erreger effizient auf Nagetiere, Menschen und andere Säugetiere übertragen – und hatten das Potenzial, explosionsartige Epidemien wie den „Schwarzen Tod“ auszulösen.
Das Besondere: Die Toten wurden vor etwa 3.800 Jahren begraben und weitere Untersuchungen bestätigten, dass die neu identifizierte Abstammungslinie des Erregers rund 4.000 Jahre alt ist. Damit tauchte die Beulenpest 1.000 Jahre früher auf als bisher bekannt. „Die Pest mit dem Ansteckungspotenzial, das wir heute kennen, gibt es demnach bereits viel länger als wir bisher dachten“, konstatiert Bos.
Zwei bronzezeitliche Pestlinien
Frühere Studien haben für die Epoche der Bronzezeit nur eine einzige Linie von Yersinia pestis in ganz Eurasien nachgewiesen. Die aktuellen Ergebnisse legen nun jedoch nahe, dass mindestens zwei Pestlinien gleichzeitig zirkulierten – und dass diese möglicherweise verschiedenes Übertragungs- und Ansteckungspotential besaßen.
„Ob die Abstammungslinien in den menschlichen Populationen gleichermaßen verbreitet waren und inwieweit menschliche Aktivitäten zu ihrer Verbreitung beigetragen haben, sind Fragen, die weiter untersucht werden müssen“, sagt Krause. „Weitere Pestgenome der Bronzezeit und der Eisenzeit könnten helfen, Schlüsselereignisse aufzuzeigen, die zur Ausbreitung eines der berüchtigtsten Krankheitserregers der Menschheit beigetragen haben.“ (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-04550-9)
(Max-Planck-Gesellschaft, 11.06.2018 – DAL)