Weltweite Folgen: Zunehmende Flusshochwasser beeinträchtigen künftig mehr und mehr auch weltweite Handels- und Lieferketten. Besonders betroffen wird aktuellen Prognosen nach China sein: Das Land muss durch zunehmende Überschwemmungen mit schweren Einbußen rechnen – und dies trifft auch seine Handelspartner. Während die EU noch glimpflich wegkommt, müssen vor allem die USA mit gravierenden Folgen rechnen, so die Forscher.
Sie gehören zu den sichtbarsten Auswirkungen des Klimawandels: Starkregen und Flusshochwasser sind in vielen Regionen der Erde schon jetzt häufiger und stärker geworden – und der Trend wird sich fortsetzen. Nach Schätzungen von Klimaforschern könnten allein in Asien bis 2040 mehr als 156 Millionen Menschen durch Überschwemmungen bedroht sein – gut doppelt so viel wie heute.
Weltweite Auswirkungen
Doch durch die starke Vernetzung der globalen Wirtschaft bleiben die Folgen von solchen Hochwassern nicht auf die betroffenen Regionen beschränkt: „Nicht nur die lokale Industrie wird von den Klima-Auswirkungen betroffen“, sagt Erstautor Sven Willner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Durch Lieferengpässe, Nachfrage-Änderungen und den damit verbundenen Preissignalen könnten die wirtschaftlichen Verluste entlang der globalen Handels- und Lieferketten andere Volkswirtschaften weltweit treffen.“
Wie stark sich die zunehmenden Überschwemmungen auf die Weltwirtschaft auswirken werden, haben die Forscher mithilfe einer speziellen dynamisch-ökonomischen Computersimulation untersucht. Sie zeigt, wie das Handelsnetz auf hochwasserbedingte Produktions- und Lieferausfälle reagiert und welche Länder besonders betroffen wären.
China besonders stark betroffen
Das Ergebnis: Erfolgt keine Anpassung, drohen in den nächsten 20 Jahren weltweit Ausfälle von rund 600 Milliarden US-Dollar, wie die Forscher berichten. Besonders von den direkten Flutfolgen betroffen sind dabei China, die USA, Kanada, Indien, Pakistan und einige europäische Länder.
Die stärkste Zunahme wirtschaftlicher Einbußen durch Hochwasser aber wird China erleiden: Das Land muss mit flutbedingten Einbußen von mehr als 380 Milliarden US-Dollar rechnen. Dies entspricht etwa fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Chinas – und einem Anstieg von flutbedingten Ausfällen um 80 Prozent. „Das ist eine Menge“, sagt Willner, „und es ist nur der Effekt von Fluss-Überschwemmungen, andere Folgen des Klimawandels wie Stürme und Hitzewellen sind dabei nicht berücksichtigt.“
EU kommt glimpflich davon
Wie aber betrifft dies die Handelspartner Chinas? Wie die Simulation ergab, werden sowohl die Europäische Union als auch die USA indirekt von Chinas Überschwemmungen betroffen sein – teilweise sogar in erheblichem Ausmaß. Europa kommt dabei noch glimpflich davon: „Die EU wird aufgrund ihrer ausgeglichenen Handelsbilanz weniger von den indirekten Schäden durch klimabedingte Überschwemmungen in China betroffen sein“, sagt Willner.
Die Folgen werden in der EU zwar spürbar sein, wenn etwa für die Produktion notwendige Teile vorübergehend nicht mehr von einer überschwemmten Region in China an europäische Unternehmen geliefert werden können. Andererseits kann Europa Produktionslücken in China durch den Export von Waren nach Asien schließen – und so profitieren. Auch Indien, Südostasien oder Australien könnten durch solche vorübergehenden Lücken wirtschaftlich profitieren, wie die Forscher berichten.
USA stark betroffen
Anders sieht dies für die USA aus: „Die USA dagegen importieren viel mehr aus China als sie in dieses Land exportieren. Das macht die USA anfälliger für klimabedingte Risiken wirtschaftlicher Ausfälle, die durch die globalen Liefer- und Handelsketten weitergegeben werden“, erklärt Willner. Seinen Berechnungen nach könnten die direkten Schäden in den USA bei etwa 30 Milliarden US-Dollar liegen, die indirekten Schäden innerhalb der nächsten 20 Jahre dagegen bei rund 170 Milliarden US-Dollar.
„Unsere Berechnungen zeigen, dass die EU durch die Intensivierung der gemeinsamen Handelsbeziehungen mit China besser auf Produktionsausfälle in Asien vorbereitet ist als die USA“, erklärt Projektleiter Anders Levermann vom PIK. „Dass es den USA dagegen schlechter ergehen könnte, ist darauf zurückzuführen, dass sie mehr Produkte aus China importieren als exportieren.“ Die von US-Präsident Trump angestrebten Strafzölle und die stärkere Isolierung der USA könnte dieses Problem sogar noch verstärken, wie die Forscher erklären.
Vernetzung als Puffer
„Intensiverer Welthandel kann dazu beitragen, Ausfälle durch lokale Extremereignisse abzudämpfen, da der Markt sich besser anpassen kann“, erklärt Koautor Christian Otto vom PIK. „Wenn ein Lieferant von einer Katastrophe betroffen ist, die seine Produktion hemmt, erhöht der internationale Handel die Chance, dass andere Lieferanten einspringen und ihn vorübergehend ersetzen können.“
Für eine Zukunft im Klimawandel sei es daher besser, eine ausgeglichene wirtschaftliche Vernetzung anzustreben. „Das ermöglicht es, wirtschaftliche Schäden durch unerwartete Wetterereignisse zu kompensieren – von denen wir in Zukunft noch mehr erwarten“, sagt Levermann. „Mit der Einführung von Strafzöllen gegen China wählt Trump dagegen die Isolation – sie dürfte die US-Wirtschaft noch anfälliger für den Klimawandel machen.“ (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0173-2)
(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 30.05.2018 – NPO)