Astronomie

Neutronenstern überrascht Astronomen

Millisekunden-Pulsar ist schwerer als gängige Modelle es erlauben

Der ungewöhnlich schwere Neutronenstern PSR J2215+5135 und sein sonnenähnlicher Begleitstern (links) © G. Pérez-Díaz/IAC

Schwerer als die Theorie erlaubt? Astronomen haben in 10.000 Lichtjahren Entfernung einen überraschend schweren Neutronenstern entdeckt. Der extrem dichte, schnelldrehende Sternenrest wiegt rund 2,3 Sonnenmassen- und bewegt sich damit in einem Massenbereich, in dem eigentlich ein Kollaps zum Schwarzen Loch droht. Warum dieser Neutronenstern dennoch stabil ist und wie es in seinem Inneren aussieht, ist bisher offen.

Wenn ein massereicher Stern von zehn bis 30 Sonnenmassen in einer Supernova explodiert, kollabiert sein Kern zu einem Neutronenstern – einem der dichtesten Objekte im Universum. Die Materie in ihnen ist stark komprimiert, dass sogar Protonen und Elektronen zu Neutronen verschmelzen. Erst vor kurzem haben Astronomen ausgerechnet, dass die maximale Masse eines Neutronensterns bei rund 2,16 Sonnenmassen liegt – ist er schwerer, droht der Kollaps zu einem Schwarzen Loch.

Begleitstern-Tempo verrät Masse

Umso überraschender ist der Fund eines Neutronensterns, der dieses Limit zu überschreiten scheint. Bei dem PSR J2215+5135 getauften Objekt handelt es sich um einen Neutronenstern, der mit einem kleinen, sonnenähnlichen Stern ein Doppelsystem bildet. Als extrem schnellrotierender Neutronenstern, der zudem starke Röntgenstrahlung abgibt, gehört PSR J2215+5135 zu den sogenannten Millisekunden-Pulsaren.

Manuel Linares von der Polytechnischen Universität Kataloniens in Barcelona und seine Kollegen haben nun erstmals die Masse dieses Neutronensterns präzise bestimmt. Sie ermittelten diese indirekt, über das Umlauftempo des Begleitsterns. Über Spektralanalysen des von ihm ausgehenden Lichts konnten die Astronomen bestimmen, wie schnell der sonnenähnliche Stern den Neutronenstern umrundet und daraus auf die Schwerkraft und damit auch Masse des Neutronensterns schließen.

Schwerer als das theoretische Limit

Das überraschende Ergebnis: PSR J2215+5135 ist deutlich schwerer als es die gängigen Modelle vorhersagen. „Wir haben festgestellt, dass das System J2215 einen sonnenähnlichen Stern von rund einem Drittel Sonnenmasse und einen Neutronenstern von 2,27 Sonnenmassen umfasst“, berichten Linares und seine Kollegen. Berücksichtige man eine leichte, noch zu bestätigende Orbitneigung, könnte der Neutronenstern sogar mindestens 2,3 Sonnenmassen wiegen.

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Damit gehört der Neutronenstern PSR J2215+5135 zu den schwersten bisher bekannten im Kosmos, so die Astronomen. Um trotz seiner enormen Masse und Dichte stabil zu sein, muss die abstoßende Kraft zwischen den Elementarteilchen in seinem Inneren extrem hoch sein – nur sie verhindert, dass der Neutronenstern zu einem Schwarzen Loch kollabiert.

„Sollte sich unsere Messung bestätigen, dann würde ein so massereicher Pulsar einige der vorgeschlagenen Zustandsgleichungen für das Innere solcher Objekte widerlegen“, konstatieren die Forscher. So wäre es beispielsweise unwahrscheinlich, dass die Neutronen im Inneren dieses Neutronensterns noch weiter zu Quarks oder noch exotischeren Materiezuständen zerfallen sind. (The Astrophysical Journal, doi: 10.3847/1538-4357/aabde6)

(Universitat Politècnica de Catalunya, 30.05.2018 – NPO)

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