Archäologie

Ötzi litt unter Arteriosklerose

Forscher stellen Gefäßverkalkungen beim Gletschermann fest

Die Gletschermumie Ötzi im Untersuchungslabor © Südtiroler Archäologiemuseum/ EURAC/ Samadelli/ Staschitz

Verkalkte Adern: Der Gletschermann Ötzi litt zu Lebzeiten offenbar auch unter Arteriosklerose. Wie Forscher berichten, haben sie bei der Mumie unter anderem Gefäßverkalkungen im Herzbereich festgestellt. Damit war Ötzi von einer typischen Zivilisationskrankheit betroffen, die traditionell mit zu wenig Bewegung und ungesunder Ernährung assoziiert wird. Bei dem Mann aus dem Eis könnte das Leiden dagegen durch eine genetische Veranlagung ausgelöst worden sein.

Der Gletschermann Ötzi hatte es zu Lebzeiten nicht leicht: Der vor rund 5.300 Jahren lebende Mann hatte schon vor seinem gewaltsamen Tod mit mehreren Gesundheitsproblemen zu kämpfen. Wie Untersuchungen der Mumie enthüllen, waren seine Zähne schlecht und in seinen Knochen hatten sich Entzündungen auslösende Krankheitserreger eingenistet. Außerdem litt der Gletschermann womöglich unter einem Magengeschwür und vertrug keine Milch.

Als wären all diese Zipperlein nicht genug, haben Patrizia Pernter vom Krankenhaus Bozen und ihre Kollegen nun ein weiteres Leiden Ötzis entdeckt. Die Radiologen hatten für ihre Untersuchung Computertomografie-Aufnahmen von der gesamten Brustregion der Mumie ausgewertet – und dabei etwas Auffälliges festgestellt.

Ganz schön verkalkt

Im Herzbereich der Mumie fielen den Forschern drei Stellen auf, die auf starke Gefäßverkalkungen im Herzbereich hindeuten. Sie schauten sich daraufhin auch Bilder von anderen Körperregionen an und fanden dort ebenfalls Hinweise auf Ablagerungen in den Blutgefäßen: unter anderem im Bereich der Halsschlagader und an den Arterien der Schädelbasis.

Nach Ansicht von Pernter und ihren Kollegen spricht dies dafür, dass der bei seinem Tod rund 46 Jahre alte Ötzi unter Arteriosklerose litt. Das Ausmaß seiner Gefäßverkalkungen entsprach dabei in etwa dem eines heutigen Europäers mittleren Alters. Für den Gletschermann bedeutete dies nichts Gutes. Möglicherweise litt er bereits unter Symptomen wie Brustschmerzen und Atemnot. Die Ablagerungen in den Herzgefäßen erhöhen zudem das Risiko für Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt.

Typische Zivilisationskrankheit

Das Ungewöhnliche daran: Derartige Gefäßablagerungen gelten eigentlich als typische Zivilisationskrankheit. Auf den ersten Blick wäre Ötzi daher gar nicht prädestiniert dafür, ein solches Leiden zu entwickeln. Denn er pflegte keine überwiegend sitzende Tätigkeit und ernährte sich wahrscheinlich gesünder als die meisten heutigen Menschen.

Allerdings haben Forscher auch schon zuvor bei Toten aus frühen Kulturen Arteriosklerose festgestellt, darunter bei ägyptischen Mumien und Angehörigen von Jäger-und-Sammler-Völkern. Mediziner vermuten, dass in ihrem Fall Infektionen mit Erregern oder Parasiten, aber auch Umweltbelastungen wie Ruß aus Feuerstellen diese Erkrankung gefördert haben.

Waren die Gene schuld?

Bei Ötzi aber war offenbar ein anderer Faktor entscheidend: Bei der Entschlüsselung seines Genoms haben Forscher eine genetische Anlage für kardiovaskuläre Erkrankungen festgestellt. Für Pernter steht damit fest, dass die Mumie Ötzi nicht nur einer der ältesten nachgewiesenen Fälle für Gefäßverkalkungen ist.

„Sie ist auch ein medizinisches Beispiel dafür, dass eine genetische Disposition der vermutlich wichtigste auslösende Faktor für Arterio- und Koronarsklerose ist“, glaubt die Radiologin. (Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren, 2018)

(Südtiroler Archäologiemuseum, 29.05.2018 – DAL/ NPO)

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