Versteckte Kontamination: Ohne es zu merken, nehmen wir beim sommerlichen Grillen Schadstoffe über die Haut auf. Denn Kohlenwasserstoffe aus dem Rauch können die Hautbarriere passieren und so in unseren Körper gelangen, wie jetzt ein Experiment belegt. Die Belastung durch diese „Eintrittspforte“ ist dabei sogar noch größer als durch bloßes Einatmen der Grilldämpfe, wie die Forscher berichten.
Mit den sommerlichen Temperaturen beginnt die Grillsaison. Ob Würstchen, Fleisch, Fisch oder Gemüse – das Brutzeln von Nahrhaftem über dem Holzkohlen- oder Gasgrill erfreut sich wachsender Beliebtheit. Kein Wunder: „Das Barbecue verbessert nicht nur den Geschmack des Essens, es ist auch ein willkommener Anlass, um Familie und Freunde um sich zu versammeln“, sagen Jia-Yong Lao von der Jinan University und seine Kollegen.
Schadstoffe im Grillrauch
Allerdings: So lecker das Grillgut ist, ganz unschädlich ist das Gebrutzel nicht. Denn der aufsteigende Grillrauch enthält auch potenziell gesundheitsschädliche und sogar krebserregende Substanzen. „Beim Grillen sind die Menschen von Dämpfen eingehüllt, die große Mengen an polyzklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) enthalten“, erklären die Forscher. Ein Teil davon setzt sich auch auf dem Gegrillten ab – und wird mitverspeist. Deshalb ging man bisher davon aus, dass die Hauptbelastung beim Grillen durch das Grillgut und das Einatmen des Rauchs stattfindet.
Doch Lao und seine Kollegen haben nun eine weitere, erstaunlich effektive Eintrittspforte für PAKs aus dem Grillrauch in unseren Körper entdeckt. Für ihre Studie hatten sie mit drei Gruppen von Freiwilligen ein Barbecue veranstaltet. Die erste Gruppe grillte ganz normal ohne besondere Schutzvorkehrungen und aß das Gegrillte anschließend. Die zweite Gruppe grillte mit, aß aber nichts vom Grillgut. Die dritte Gruppe schließlich trug Atemmasken, um ein Einatmen des Rauchs zu verhindern.
Proben des Grillrauchs und der dem Rauch ausgesetzten Kleidung wurden beim Grillen genommen und später analysiert. Alle Probanden gaben zudem vor und nach dem Grillen Urinproben ab. Diese analysierten die Wissenschaftler auf ihren Gehalt an PAKs und deren Abbauprodukten hin.
Die Haut schluckt mehr als die Lunge
Das Ergebnis: Wie erwartet waren die Probanden, die gegrillt und Grillgut gegessen hatten, am stärksten mit PAKs belastet. Innerhalb von zehn Stunden nach dem Barbecue stieg bei ihnen die Konzentration von PAK-Abbauprodukten im Urin stark an. Überraschend jedoch: Selbst bei den Probanden, die weder Grillgut gegessen noch den Rauch eingeatmet hatten, waren die PAK-Werte hinterher deutlich erhöht.
Die Forscher schließen daraus: Viele Schadstoffe aus dem Rauch werden direkt über die Haut aufgenommen. „Die Belastung durch diese dermale Absorption war immerhin ein Viertel so hoch wie durch die Aufnahme mit der Nahrung“, so Lao und seine Kollegen. Das sei mehr als durch das Einatmen. Von dem Kohlenwasserstoff Hydroxypyren wurde sogar genauso viel über die Haut wie über den Grillgutverzehr aufgenommen.
Grillklamotten hinterher waschen
Das aber bedeutet: Grillen geht uns buchstäblich unter die Haut. Gerade kleinere Kohlenwasserstoffmoleküle können unsere Hautbarriere offenbar passieren und so in unseren Körper gelangen. Verstärkt wird dieser Effekt wahrscheinlich noch durch fetthaltiges Grillgut, wie die Forscher erklären. Denn dieses produziert ölhaltigen Rauch, der die Absorption durch die Epidermis erleichtert.
Müssen wir deswegen künftig zum Grillen Schutzkleidung anlegen? Ganz so dramatisch ist es nicht, wie auch die Forscher betonen. Denn wir sind dem Grillrauch ja nicht täglich ausgesetzt. Hinzu kommt, dass die meisten PAKs relativ schnell wieder abgebaut werden. Nach 24 Stunden waren die Werte im Urin der Probanden für fast alle Substanzen wieder auf den Ausgangswert abgesunken.
Dennoch empfehlen die Wissenschaftler, Kleidung, die wir beim Grillen getragen haben, direkt anschließend zu waschen und sie nicht noch weiter zu tragen. Denn die in ihr angereicherten Schadstoffe können sonst noch nachträglich über die Haut aufgenommen werden. (Environmental Science & Technology, 2018; doi: 10.1021/acs.est.8b01689)
(American Chemical Society, 24.05.2018 – NPO)