Bewegungstrainer der ungewöhnlichen Art: Forscher haben einen Sitzhocker entwickelt, der falsche Sitzhaltungen und zu wenig Bewegung von selbst erkennt und meldet. Mittels LED-Leuchten und App zeigt er an, wenn der Sitzende seine Haltung verändern oder eine Bewegungspause einlegen sollte. Das intelligente Sitzmöbel soll so dazu beitragen, mehr Bewegung in den Alltag zu bringen und Rückenschmerzen und anderen Erkrankungen vorbeugen.
Viele von uns verbringen einen Großteil ihres Tages im Sitzen: Beim Essen, bei der Fahrt zum Arbeitsplatz, im Büro und später zuhause auf dem Sofa. Doch wer sich zu wenig bewegt, erhöht sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und einen früheren Tod. Das stundenlange Sitzen schadet sogar ansonsten sportlichen Menschen, wie Studien zeigen. Durch das lange Sitzen entstehen zudem Verspannungen und Haltungsschäden – und die wiederum lösen Rückenschmerzen aus.
Abhilfe schaffen kann schon ein unbewusstes „Zappeln“ während der Sitzphasen und eine ergonomische Haltung, die regelmäßig von Bewegungsphasen unterbrochen wird.
Sitzhocker als Personal Trainer
Um dies gezielt zu unterstützen, haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und des Instituts für Silicatforschung ISC jetzt einen „intelligenten Sitzhocker“ für gesundes Sitzen und Bewegen konzipiert. Der mit Sensoren und Leuchtdioden ausgestattete Sitzhocker gibt per Farbsignal oder alternativ über eine App Feedback, ob man ergonomisch sitzt.
„Durch viele Interviews mit Betroffenen, Firmen und Experten haben wir herausgefunden, dass ein starker Bedarf nach Hilfsmitteln besteht, die die Rückengesundheit beim Sitzen unterstützen“, erläutert Truong Le vom Fraunhofer IAO. „Wichtig ist, dass man ein wenig Zeit investieren muss.“
Drucksensoren erkennen Gewichtsverteilung
Im Hocker erkennen mehrere Drucksensoren anhand der Gewichtsverteilung in der Sitzfläche die Haltung des Sitzenden. Sie registrieren beispielsweise schiefes oder zu langes Sitzen in derselben Position. Die Drucksensoren bestehen aus zwei Elektrodenschichten aus leitfähigem Silikon mit einer eine isolierende Folienschicht dazwischen. Durch diesen Aufbau sind sie weich und lassen und lassen auch in flexible Materialien einbetten.
Die Auswertung der Daten wird auf einen PC, Laptop, Tablet oder Smartphone übertragen. Sitzt der Benutzer falsch oder zu lange, erfolgt eine Erinnerung über ein Feedback in der Sitzfläche. Auf Wunsch erscheint eine Anzeige am Bildschirm oder auch eine Statistik über einen bestimmten Zeitraum. Gegebenenfalls erfolgt eine konkrete Aufforderung, sich zu bewegen. Per Videoanleitung kann man bestimmte Bewegungsübungen durchführen, die die Sensoren ebenfalls registrieren.
Auf der MS Wissenschaft präsentieren die Forscher eine spezielle Variante ihres intelligenten Sitzhockers, der in ein Bewegungsspiel integriert ist: Von den Sensoren aufgenommene Hüftbewegungen werden hier dazu genutzt, ein Ping-Pong-Spiel am Bildschirm mit dem Gesäß zu steuern.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 03.05.2018 – NPO)