Medizin

Skurril: Ratten erschnüffeln Tuberkulose

Nager erkennen Infektionskrankheit besser als Standard-Mikroskopie-Tests

Ratten können nicht nur Sprengstoff, sondern offenbar auch den Tuberkulose-Erreger erschnüffeln. © Eduard Lysenko/ iStock.com

Tierische Spürnasen: Speziell trainierte Ratten können Tuberkulose bei Kindern erschnüffeln. Ein Experiment zeigt: Die Nager erkennen deutlich mehr Fälle als gängige Tests mittels Abstrich und Mikroskop – und könnten damit ein Problem in Entwicklungsländern lösen. Denn in diesen Staaten fehlt es oft an Mitteln für moderne, verlässliche Diagnosemethoden. Als Folge wird die Infektionskrankheit gerade bei Kindern häufig übersehen, wie Forscher berichten.

Die Tuberkulose ist eine der größten Seuchen der Menschheit: Ihr Erreger befiel schon unsere afrikanischen Vorfahren und raffte allein in Europa zeitweilig sogar jeden Fünften dahin. Doch auch heute ist die Infektionskrankheit noch nicht besiegt. Weltweit sterben jedes Jahr mehr als eine Million Menschen daran – vor allem in den Entwicklungsländern südlich der Sahara und in Südostasien.

Das Problem: In diesen besonders betroffenen Staaten fehlen häufig die finanziellen Mittel, um moderne Diagnosemethoden anzuwenden. Einfache und günstige Tests mittels Abstrich übersehen aber nicht selten Krankheitsfälle – zum Beispiel, weil das zur Untersuchung verwendete Mikroskop zu schlecht ist oder die Qualität der Probe nicht stimmt. Gerade kleinen Kindern gelingt es demnach oftmals nicht, genügend Auswurf für eine verlässliche Analyse bereitzustellen.

Erreger der Tuberkulose: das Mycobacterium tuberculosis © CDC

Dem Geruch der Krankheit auf der Spur

„Als Folge wird eine Tuberkulose bei vielen Kindern nicht diagnostiziert, was natürlich bedeutende Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf und die Behandlung hat“, sagt Georgies Mgode von der Sokoine University of Agriculture in Morogoro in Tansania. „Wir brauchen daher neue diagnostische Tests, um Tuberkulose bei Kindern besser zu erkennen, insbesondere in einkommensschwachen Ländern.“

Tatsächlich haben Mediziner bereits eine kreative Idee für eine alternative Diagnosemethode entwickelt: Sie trainieren Ratten darauf, in Sputum-Proben den Geruch von Molekülen zu erschnüffeln, die das krankheitsverursachende Mycobacterium tuberculosis freisetzt. Die Nager sind bekanntermaßen leistungsfähige Spürnasen und werden in Afrika und Asien schon länger für die Suche nach Landminen eingesetzt.

Nager im Schnüffeltest

Doch wie gut funktioniert die Methode? Studien zeigen, dass trainierte Tiere die Diagnosequote bei Erwachsenen im Vergleich zum Standardtest mit Abstrich und Mikroskop um rund 40 Prozent erhöhen können. Mgode und seine Kollegen haben nun in Tansania untersucht, ob dies auch bei den schwieriger zu diagnostizierenden, kindlichen Krankheitsfällen gilt.

Dafür testeten sie das Verfahren mit Proben von 55.148 mutmaßlichen Tuberkulosepatienten im Alter zwischen einem und vierzehn Jahren – darunter 982 besonders junge Patienten unter fünf. Von diesen unter Fünfjährigen hatten in der Klinik nur 34 die Diagnose Tuberkulose erhalten. Die anschließend auf die Proben angesetzten afrikanischen Riesenhamsterraten (Cricetomys ansorgei) erschnüffelten jedoch 57 Fälle. Und sie hatten recht: Analysen mit einem modernen LED-Fluoreszenz-Mikroskop bestätigten anschließend den Befund.

Signifikant verbesserte Diagnose

Auch bei den älteren Probanden erkannten die Nager stets mehr Infektionen als von tansanischen Ärzten unter dem Mikroskop festgestellt worden waren. Je älter die Kinder, desto weniger deutlich war jedoch der Vorteil der tierischen Spürnasen gegenüber dem Standardverfahren, wie die Forscher berichten.

„Das Tuberkulose-Screening mithilfe trainierter Ratten ermöglicht, dass bis zu 70 Prozent mehr Patienten behandelt werden. Diese Patienten wurden im Krankenhaus als TB-negativ diagnostiziert und haben zunächst keine Therapie erhalten“, konstatiert Mgode. Für die Wissenschaftler ist damit klar: Die Nager können die Diagnose von Tuberkulose bei Kindern signifikant verbessern und in Entwicklungsländern viele Probleme lösen. Weitere Tests mit anderen Proben sollen die Genauigkeit der Methode nun bestätigen. (Pediatric Research, 2018; doi: 10.1038/pr.2018.40)

(Springer nature, 11.04.2018 – DAL)

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