Astronomie

Kosmische Kaltfront gibt Rätsel auf

Kühles Gasband im Perseus-Galaxiencluster trotzt seit Jahrmilliarden allen Einflüssen

Im Perseus-Galaxienhaufen ahben Astronomen ein riesiges gekrümmtes Band aus kaltem Gas (links) entdeckt. © NASA/CXC/GSFC/S. Walker, ESA/XMM, ROSAT

Verblüffend beständig: Im 240 Millionen Lichtjahre entfernten Perseus-Galaxienhaufen haben Astronomen ein ungewöhnliches Phänomen entdeckt – ein riesiges kaltes Gasband, das mit extrem hohem Tempo durch den Cluster rast. Das Seltsame daran: Obwohl diese intergalaktische Kaltfront schon fünf Milliarden Jahre alt ist, ist sie weder ausgefranst noch ausgedünnt. Die Forscher vermuten, dass ein umhüllendes Magnetfeld das Gasband vor der Erosion schützt.

Galaxienhaufen gehören zu den größten Gebilden des Universums. Von der Schwerkraft zusammengehalten bewegen sich in ihnen mehrere Galaxien gemeinsam durch das All. Nicht selten kommt es ihnen aber auch zu Kollisionen, bei denen Sternansammlungen miteinander verschmelzen und Gase durch freigesetzte Energien bis auf Millionen Grad aufgeheizt werden. Einer dieser Galaxienhaufen ist der Perseus-Cluster (Abell 426). Er liegt rund 240 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und umfasst 500 bis 1.000 Galaxien.

Intergalaktische Kaltfront

In diesem Galaxienhaufen haben nun Stephen Walker vom Goddard Space Flight Center der NASA und seine Kollegen etwas Ungewöhnliches entdeckt. Aufnahmen des Röntgenteleskops Chandra zeigen ein gekrümmtes Band aus dichtem, kaltem Gas, das sich über zwei Millionen Lichtjahre hinweg erstreckt. Diese kosmische Kaltfront ist fast 50 Millionen Grad kühler als seine Umgebung und rast mit fast 500.000 Kilometern pro Stunde durch den Galaxiencluster.

Das Ungewöhnliche daran: Obwohl dieses kühlere Gasband bereits seit mehr als fünf Milliarden Jahren existieren muss, ist es weder ausgefranst noch ausgedünnt. Stattdessen ist es verblüffend scharf gegen seine Umgebung abgegrenzt. „Das Alter, die Geschwindigkeit und die starke Abgrenzung dieser Kaltfront sind bemerkenswert“, sagt Walker. „Alles an diesem kosmischen Kaltwettersystem ist extrem.“

Die Kaltfront im Perseus-Cluster und ihre Eigenschaften© Chandra X-ray Observatory

Überraschend widerstandsfähig

Trotz der starken Turbulenzen durch Schockwellen und Ausbrüche des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum des Perseus-Haufens wurde das Gasband weder zerstreut, noch hat es seinen Zusammenhalt verloren. „Während der letzten fünf Milliarden Jahre ist der Perseus-Cluster weiter angewachsen, weil Gas aus dem angrenzenden kosmischen Netzwerk eingeströmt ist“, berichten die Forscher.

Doch selbst dieser asymmetrische Einstrom hatte offenbar keinen Einfluss auf die Struktur des Gasbands. „Statt zu erodieren oder breiter zu werden, hat es sich nur in zwei, scharf abgegrenzte Bänder gespalten“, berichtet Koautor John ZuHone vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge. „Eine solche Spaltung einer kalten Gasfront ist noch nie zuvor beobachtet worden.“

Geschützt durch ein Magnetfeld?

Warum dieses Gasband gespalten und so ungewöhnlich widerstandsfähig ist, ist bisher nur in Ansätzen klar. „Unsere Computersimulationen liefern uns dazu einige wichtige Hinweise“, erklärt Koautor Jeremy Sanders von der University of Cambridge. „Es scheint, als wenn sich magnetische Felder so über das Gasband gelegt haben, dass sie es fast wie ein Schild gegen die zerstörerischen Kräfte aus dem Rest des Clusters schützen.“

Simulationen mit verschieden starken Magnetfeldern ergaben, dass das Magnetfeld entlang des Gasbands rund zehnfach stärker sein muss als in der kosmischen Umgebung dieses Gebildes. Nur dieser Stärke verhindert es die Auflösung des Gasbands, erlaubt aber gleichzeitig seine Spaltung in zwei scharf abgegrenzte Unterfronten. (Nature Astronomy, in press)

(NASA, 05.04.2018 – NPO)

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