Versteckte Schätze: Auf unseren Straßen fahren Tonnen von Gold, Silber und wertvollen Hightech-Metallen umher – verborgen in unseren Autos. So enthalten diese rollenden Rohstoffvorräte allein in der EU tausende Tonnen Kupfer, Silber, Neodym oder Niob, dazu mehr als 400 Tonnen Gold und gut 500 Tonnen Platin. Doch all diese Schätze landen bisher ungenutzt auf dem Schrottplatz – eine enorme Verschwendung von Ressourcen, mahnen Forscher.
Ohne Metalle wie Eisen, Kupfer oder Gold, aber auch Seltenerdmetalle wie Neodym, Lanthan oder Terbium gäbe es viele unserer heutigen Technologien nicht. Denn diese Rohstoffe sind essenziell für Computer, Smartphones, Akkus und andere Elektronik.
Doch diese Metalle sind nicht unbegrenzt vorhanden: Zumindest bei Lithium und einigen Seltenerdmetallen könnte der Nachschub schon bald knapp werden. Gleichzeitig jedoch landen jährlich Unmengen dieser wertvollen Rohstoffe ungenutzt im Müll, unter anderem weil Elektroschrott bisher nur zum geringen Teil recycelt wird.
Rollende Schatztruhen
Doch auch an ganz anderer Stelle verschwinden inzwischen Unmengen wertvoller Metalle unbemerkt und unbenutzt: in unseren Autos. Das haben Maria Ljunggren Söderman von der Technischen Universität Chalmers in Göteborg und ihre Kollegen im Rahmen des EU-Projekts Prosum herausgefunden. Sie hatten untersucht, wie viele und welche Metalle in den PKW auf Europas Straßen umherfahren und mit ihnen verschrottet werden.
Das Ergebnis: Die rund 260 Millionen Autos auf europäischen Straßen sind heute längst rollende Schatztruhen – zumindest was die wertvollen Metallrohstoffe angeht. Denn längst bestehen die Fahrzeuge heute nicht mehr nur aus Stahl und Verbundwerkstoffen, auch der Anteil an Seltenerd- und Edelmetallen nimmt zu. „Das liegt vor allem daran, dass wir heute immer fortgeschrittenere Fahrzeuge konstruieren, die viel Elektronik, Katalysatoren und Leichtbau-Komponenten enthalten“, erklärt Ljunggren Söderman.
400 Tonnen Gold auf Europas Straßen
Konkret bedeutet dies: Die Europäer fahren in ihren Autos beispielsweise rund 440 Tonnen Gold mit sich herum. Pro Fahrzeug sind dies zwar nur wenige Gramm, verteilt auf Dutzende elektronischer Komponenten, doch in der Masse summiert sich dies. Wird ein Auto dann aber ausgemustert, endet dieses Gold bisher mitsamt dem Rest des Fahrzeugs auf dem Schrottplatz.
Allein im Jahr 2015 landeten so 20 Tonnen Gold ungenutzt im Autoschrott, wie die Forscher herausfanden. „Damit liegt die verlorene Goldmenge in diesen ausgemusterten Fahrzeugen inzwischen ähnlich hoch wie im Elektroschrott“, sagt Ljunggren Söderman. Pro Jahr geht dadurch Gold im Wert von hunderten Millionen Euro verloren, weil es bisher dafür keine Recycling-Konzepte gibt.
Kupfer, Platin, Neodym und mehr
Und Gold ist nicht der einzige wertvolle Rohstoff in unseren Autos: Mit den rund 260 Millionen PKWs auf EU-Straßen waren im Jahr 2015 auch 24.00 Tonnen Aluminium, 7.300 Tonnen Kupfer, 3.100 Tonnen Silber, 3.800 Tonnen Kobalt und 8.200 Tonnen Niob unterwegs. Sogar das wertvolle Platin findet sich in unseren Fahrzeugen – insgesamt mit 530 Tonnen.
Vor allem Hightech-Rohstoffe wie Indium, Neodym oder Niob werden in modernen Autos immer häufiger verbaut. Mit eine der stärksten Zunahmen hat dabei das Seltenerdmetall Neodym erfahren: Seine in Autos verbaute Menge hat sich seit dem Jahr 2000 auf heute 12.500 Tonnen verdreifacht, wie die Prosum-Forscher berichten. „Der steigende Anteil von Elektroautos in der Fahrzeugflotte wird diese Entwicklung noch weiter verstärken“, sagt Ljunggren Söderman.
„Es muss etwas getan werden“
Das aber bedeutet auch, dass in Zukunft immer mehr wertvolle Metalle mit dem Autoschrott verloren gehen werden, wenn sich nichts ändert. Bisher jedoch gibt es in der EU keinerlei Vorgaben darüber, wie und welche Autokomponenten recycelt werden. „Autohersteller und die Recyclingindustrie müssen zusammenarbeiten, um hier etwas zu unternehmen“, betont Ljunggren Söderman. „Dies sind endliche Ressourcen, die auf nachhaltige Weise genutzt werden müssen.“
Besonders wichtig sei dies auch deshalb, weil die Nachfrage nach vielen dieser Hightech-Metalle in Zukunft noch steigen wird. „Diese Metalle benötigen wir für nachhaltige Technologien wie Elektroautos, Solarzellen, LEDs und die Windkraft“, so die Forscherin. „Daher ist eine drohende Nachschubknappheit immer auch ein strategisches und ökonomisches Problem für die EU.“
(Prosum Project, Chalmers University of Technology, 07.03.2018 – NPO)