Von wegen leichte Beute: Mottenlarven mögen für räuberische Käfer nach einem schnellen Fressen aussehen – doch zumindest bei den Raupen einer in Asien heimischen Art ist das keineswegs der Fall. Sie verfügen über ein ganzes Arsenal an Strategien, um Feinde außer Gefecht zu setzen. Zu den Waffen der Raupen zählen dabei nicht nur gezielte Schläge, angsteinflößende Geräusche und eine körpereigene „Chemiewaffe“. Sie können Angreifer sogar durch die Luft schleudern, wie Forscher berichten.
Der Kampf ums Dasein in der Natur ist hart: Wer daraus als Sieger hervorgehen will, braucht kluge Strategien. Das gilt für Tiere, die eher am unteren Ende der Nahrungskette stehen, umso mehr. Viele von ihnen haben im Laufe der Evolution daher effektvolle Methoden zur Feindesabwehr entwickelt: Es gibt Fische, die ihre Widersacher mit Drogen außer Gefecht setzen, Käfer, die gefräßige Kröten zum Kotzen bringen und Schnecken, die Feinde mit ihrem Haus im wahrsten Sinne des Wortes in die Flucht schlagen.
Auch die Larven der Mottenart Langia zenzeroides wissen sich gegen Angriffe zu wehren. Sie können es mit Vögeln aufnehmen und haben außerdem ein ganzes Arsenal an Abwehrstrategien gegen Raupen-fressende Insekten auf Lager, wie Wissenschaftler um Shinji Sugiura von der Kobe Universität in Japan nun herausgefunden haben. Feinde wie Laufkäfer der Gattung Calosoma haben im Angesicht dieser in Asien heimischen Raupen demnach nicht viel zu Lachen.
Quietschen und kotzen
Das belegten Tests mit 25 Käfern der Art Calosoma maximowiczi eindrucksvoll. Die Forscher setzten die Insekten nacheinander auf eine Raupe an und beobachteten, was passierte. Es zeigte sich: Sobald ein Käfer die vermeintlich leichte Beute am Körper berührt, schleudert diese ihren Kopf ruckartig genau an diese Stelle und stößt den Angreifer weg.
Doch das ist nur Schritt eins der Abwehrchoreographie. Versucht ein Käfer trotz der Attacke erneut zuzubeißen, bringt die Raupe weitere Waffen zum Einsatz. Zunächst gibt sie ein quietschendes Geräusch von sich, um den Feind zu erschrecken. Dann übergibt sie sich auf dem Widersacher – womöglich dient die Kotze als eine Art Chemiewaffe, so die Vermutung des Teams.
Dramatische Schleuderabwehr
Zwei Raupen wählten im Experiment zudem eine weitere, besonders dramatische Methode: Mithilfe ihrer Mundwerkzeuge packten sie den Käfer an den Beinen und schleuderten ihn durch die Luft. In einem Fall biss die Larve dem Angreifer dabei sogar ein Hinterbein ab.
Wie die Wissenschaftler berichten, zahlten sich all diese Strategien aus: Kein einziger der krabbelnden Probanden schaffte es, eine der Raupen zu töten und zu verspeisen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Langia zenzeroides-Larven räuberische Wirbellose mit vielfältigen Verteidigungsmethoden abwehren können“, schließen sie. (Biological Journal of the Linnean Society, 2018; doi: 10.1093/biolinnean/blx156)
(Science Magazine, 26.02.2018 – DAL)