Mysteriöser Wirbel: Einer der seltenen dunklen Stürme des Neptun steht kurz vor seinem Ende – und verhält sich dabei völlig anders als erwartet. Wie aktuelle Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble enthüllen, zieht der funkle Fleck nicht in Richtung Äquator, sondern nimmt stattdessen Kurs auf den Südpol des Planeten. Zudem scheint der Sturmwirbel allmählich zu verblassen, statt in einem Ausbruch von Wolkenbildung zu kollabieren.
Die dunklen Stürme des Neptun sind ebenso selten wie rätselhaft. Denn erst fünfmal sind diese gigantischen dunklen Flecken in der bläulich schimmernden Gashülle des fernen Gasplaneten beobachtet worden – zwei von den Voyager-Sonden und drei vom Weltraumteleskop Hubble. Den letzten dunklen Sturm hat Hubble erst im Herbst 2015 aufgespürt.
Rätselhaft bis heute
Doch woraus diese Stürme bestehen, wie schnell sie rotieren und wie sie sich entwickeln, ist bisher völlig unbekannt. „Aufgrund ihres Verhaltens vermuten wir zwar, dass diese Merkmale antizyklonische Wirbel sind, aber eine Messung oder Beobachtung ihrer internen Zirkulation hat es noch nie gegeben“, erklären Michael Wong von der University of California in Berkeley und seine Kollegen.
Seltsam auch: Die fünf bisher bekannten Exemplare sind in Größe, Form, Umfeld und Wanderungsbewegung überraschend unterschiedlich. Einige drifteten eher Richtung Äquator, andere bewegten sich eher senkrecht dazu. Gemeinsam scheint ihnen nur zu sein, dass sie deutlich weniger langlebig und beständig sind als der Große Rote Fleck des Jupiter. Während er schon seit Jahrhunderten existiert, scheinen die dunklen Stürme des Neptun nur wenige Jahre zu überdauern.
Erster Blick auf einen sterbenden Sturm
Wie ein solcher Neptunsturm endet, könnten die Forscher nun erstmals beobachtet haben. „Es scheint, als wenn wir gerade dabei sind, das Ende eines dunklen Wirbels mitzuerleben“, sagt Wong. „Doch er verhält sich dabei ganz anders als wir es auf Basis bisheriger Erkenntnisse erwartet haben.“ Denn der Sturm zieht momentan von seiner Anfangsposition auf 45 Grad südlicher Breite beharrlich immer weiter in Richtung Südpol.
Erwartet hatte man aber das genaue Gegenteil: Simulationen sprachen dafür, dass sich die Antizyklone kurz vor ihrem Ende in Richtung Äquator bewegen. „Wenn der Sturmwirbel dann der Äquatorregion zu nahe kommt, bricht er auseinander und erzeugt dabei einen spektakulären Ausbruch von Wolkenbildung – so dachten wir jedenfalls“, sagt Wong.
Langsames Verblassen statt abruptes Ende?
Doch der aktuelle Neptunsturm denkt nicht daran, diesem Modell zu folgen. Aktuelle Aufnahmen des Hubble-Teleskops liefern keine Hinweise auf plötzliche Veränderungen oder eine Zunahme der umgebenden helleren Wolken. Stattdessen scheint der dunkle Fleck ganz allmählich zu verblassen. „Die Begleitwolken ziehen immer weiter nach innen und der Kontrast des dunklen Flecks ist soweit reduziert, dass er kaum noch erkennbar ist“, berichten die Forscher.
Auch bei den beiden in den 1990er Jahren von Hubble entdeckten Stürmen bewegten sich die Begleitwolken gegen Ende ihrer Existenz ins Sturmzentrum. Dann allerdings verschwanden die dunklen Wirbel aus dem Blickfeld, so dass ihr eigentlicher „Tod“ nicht beobachtet werden konnte. Die Forscher vermuten nun jedoch, dass auch sie sich langsam aufgelöst haben, statt abrupt in einem Wolkenausbruch zu enden. „Ihre Veränderungen könnten Teil der normalen Auflösungssequenz dieser Wirbel gewesen sein“, so Wong und seine Kollegen.
Klar scheint: Der Neptun und seine Gashülle haben noch einige Überraschungen in petto. Doch momentan besitzt nur das Hubble-Teleskop die Auflösung und die UV-Kameras, die das geheimnisvolle und unberechenbare Wetter auf dem fernen Eis- und Gasplaneten sichtbar machen können. (Astronomical Journal, 2018; doi: 10.3847/1538-3881/aaa6d6)
(NASA, 19.02.2018 – NPO)