Natur zu Hightech: Holz lässt sich durch ein erstaunlich simples Verfahren in ein echtes Hightech-Material verwandeln. Forscher haben einen zweischrittigen Prozess entwickelt, der das Holz extrem verdichtet und es gut zehnmal fester und stabiler und um das Dreifache dichter macht. Dadurch übertrifft das Holz viele Metalle und Legierungen an Festigkeit – und ist dabei deutlich leichter, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Wir Menschen nutzen Holz schon seit Jahrtausenden – als Brennstoff und Baumaterial, als Werkzeug und für Gebrauchsgegenstände aller Art. Kein Wunder: Der natürliche Rohstoff ist in vielen Gegenden reichlich vorhanden, er wächst nach und hat zudem günstige mechanische Eigenschaften: Holz ist relativ leicht und trotzdem elastisch und stabil. Für viele moderne Konstruktionen und Anforderungen aber reicht dies noch nicht aus. Deshalb arbeiten Forscher schon länger daran, Holz zu einem echten Hightech-Material zu machen.
Zehnmal stabiler und fester
Eine verblüffend simple Methode stellen nun Jianwei Song von der University of Maryland und seine Kollegen vor. Sie schaffen es durch einen nur zweischrittigen Prozess, Holz gut zehnmal stabiler und härter als zuvor zu machen. Das solcherart behandelte Holz ist dreimal so dicht und so fest, dass ihm Risse und Kratzer kaum etwas anhaben können.
„Die mechanischen Eigenschaften dieses verdichteten Holzes übertreffen sogar die von weitverbreiten Strukturmaterialien wie Kunststoffen, Stahl oder Metalllegierungen“, berichten die Forscher. Wie erste Tests belegen, liegt die Zerreißfestigkeit dieses Holzes bei bis zu 587 Megapascal – das sei höher als bei einigen Stählen und Titanlegierungen.
Und sogar einer Kugel hält das Holz stand: Im Experiment laminierten die Forscher fünf Lagen dieses Holzes mit jeweils wechselnder Faserrichtung aufeinander und schossen ein ballistisches Metallprojektil darauf. Das Ergebnis: „Das Projektil durchbrach zwar die Oberfläche der Probe, wurde dann aber im Inneren aufgehalten“, berichten Song und seine Kollegen.
Erst Tauchbad, dann Presse
Und so funktioniert die Umwandlung: Im ersten Schritt tauchen die Forscher das Holz in ein heißes Bad aus Ätznatron (NaOH) und Natriumsulfit (Na2>SO3). Diese Behandlung entfernt einen Teil des Lignins und der Hemizellulose aus dem Holz – beides sind Bestandteile der Zellwände. „Dadurch wird das Holz poröser und weniger steif“, erklären Song und seine Kollegen. Die Zellulosefasern des Holzes werden dadurch jedoch nicht beeinträchtigt.
Jetzt folgt der zweite Schritt: Das Holz wird bei 100 Grad seitlich zusammengepresst. Durch diesen Druck senkrecht zur Wachstumsrichtung kollabieren die vielen Hohlräume in der Holzstruktur. Das Holz wird dadurch um das Dreifache dichter und verliert rund 80 Prozent an Dicke, wie die Forscher berichten. Würde man das Holz ohne die chemische Vorbehandlung walzen, käme man nicht einmal in die Nähe solcher Werte.
Optimierte Mikrostruktur
Der Clou dabei: „Das verdichtete Holz hat eine einzigartige Mikrostruktur“, erklären Song und seine Kollegen. Die komplett kollabierten Zellwände liegen nun ohne Holzräume eng aneinander. Dadurch steigt die Kontaktfläche zwischen benachbarten Zellulosesträngen in den Zellwänden drastisch an und es entstehen Faserschichten, die durch zahlreiche Wasserstoffbrücken stabilisiert sind.
Wie die Forscher in ihren Experimenten ermittelten, bleibt das solcherart verdichtete und gehärtete Holz selbst unter extrem feuchten Bedingungen stabil: Während unbehandeltes Holz bei hoher Luftfeuchtigkeit deutlich aufquillt und weicher wird, verlor das verdichtete Holz selbst bei 95 Prozent relativer Luftfeuchte kaum an Festigkeit und Stabilität. „Wurde die Oberfläche des Holzes lackiert, war das Material sogar komplett immun gegen die Feuchtigkeit“, so die Wissenschaftler. Ebenfalls positiv: Das simple Verfahren funktioniert bei verschiedensten Holzarten – sowohl Hartholz als auch Weichholz.
Alternative zu Stahl und Co
Das behandelte Holz könnte durch diese Umwandlung in die Liga der Hightech-Materialien aufrücken. Denn es macht mit seiner Reißfestigkeit und Stabilität nicht nur vielen Metallen Konkurrenz – es ist auch deutlich leichter als sie. „Das macht unser behandeltes Holz zu einer kostengünstigen, leistungsfähigen und leichten Alternative für solche Materialien“, sagt Songs Kollege Liangbing Hu. „Dieses Holz könnte in Autos, Flugzeugen und Gebäuden eingesetzt werden – überall, wo Stahl verwendet wird.“
Ähnlich sieht es auch Peter Franzl vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam: „Das verdichtete Holz ist leichter als metallische Materialien und hat mit seiner Festigkeit und Stabilität dadurch das Potenzial für viele Ingenieurs-Anwendungen“, schreibt Franzl in einem begleitenden Kommentar. (Nature, 2018; doi: 10.1038/nature25476)
(Nature, 08.02.2018 – NPO)