Gesellschaft

Es ist zwei Minuten vor zwölf

Weltuntergangs-Uhr erreicht erstmals wieder den Rekordstand von 1953

Zwei Minuten vor zwölf - so nah an Mitternacht stand die Weltuntergangs-Uhr zuletzt im Kalten Krieg © Timurpix/ iStock.com

Akute Bedrohung: Der Zeiger der „Doomsday Clock“ steht jetzt offiziell auf zwei Minuten vor zwölf – so nah an Mitternacht wie zuletzt im Jahr 1953 während des Kalten Krieges. Das Bulletin of the Atomic Scientists hat den Zeiger vor wenigen Tagen um 30 Sekunden vorgerückt – zum zweiten Mal seit Januar 2017. Gründe sind unter anderem Nordkoreas Atomprogramm, die Unberechenbarkeit von US-Präsident Trump und der Klimawandel.

Die Zeiger der Weltuntergangs-Uhr sind seit 1947 ein Symbol für die Bedrohungslage der Welt. Sie soll ausdrücken, wie nah die Menschheit daran ist, sich selbst durch Waffen oder andere menschengemachte Technologien und Konflikte zu zerstören. Seit einigen Jahren bezieht das Uhrengremium auch die Bedrohungen durch Biotechnologien, Klimawandel und Umweltzerstörung sowie Cyberkriminalität mit ein.

Seit ihrer Erfindung wurde die Uhr 23 Mal verstellt – zuletzt im Januar 2017. Die Entscheidung über den Zeigerstand trifft dabei ein Komitee von Wissenschaftlern, zusammengeschlossen im Bulletin of the Atomic Scientists (BAS).

„Zutaten für eine Apokalypse“

Vor wenigen Tagen hat das Uhrenkomitee nun den Zeiger erneut um 30 Sekunden vorgerückt. Er steht jetzt auf zwei Minuten vor zwölf – so nah an Mitternacht wie seit 1953 nicht mehr. Damals wurde dieser Rekordwert erreicht, als die USA und die Sowjetunion mit wenigen Monaten Abstand ihre ersten Wasserstoffbomben testeten.

„Wir hoffen, dass dieses Verstellen der Uhr so interpretiert wird, wie es gemeint ist – als dringende Warnung vor der Gefahr“, betont Robert Rosner, Physiker an der University of Chicago und Mitglied im BAS-Komitee. „Wir leben in einer gefährlichen Zeit – aber die Bedrohung ist hausgemacht. Die Menschheit hat die Zutaten für eine Apokalypse erfunden, sie kann aber auch die Methoden entwickeln, um sie zu kontrollieren und zu verhindern.“

Trump, Nordkorea und Russland

Als Gründe für das Vorrücken der Zeiger geben die Forscher unter anderem die destabilisierende Politik des US-Präsidenten Donald Trump an. „Weder Verbündete noch Gegner können die Handlungen der USA verlässlich vorhersagen noch einschätzen, ob Ankündigungen real sind oder reine Rhetorik“, heißt es im Statement der BAS. „Das gibt der internationalen Diplomatie einen surrealistischen Anstrich, der die Sicherheitslage der Welt noch bedrohlicher macht.“

US-Präsident Donald Trump trägt durch seine erratischen, provokativen Äußerungen nicht nur zur politischen Destabilisierung bei, er torpediert auch den Klimaschutz. © DOE

Ein weiterer Grund sind die atomare Aufrüstung Nordkoreas und der damit verbundene Streit mit den USA. „Hyperbolische Rhetorik und provokative Handlungen auf beiden Seiten haben die Möglichkeit eines durch ein Versehen oder Fehlkalkulation ausgelösten Atomkrieg deutlich erhöht“, konstatiert das Bulletin. Aber auch der Konflikt im Südchinesischen Meer, die unklare Haltung der USA zum Atomabkommen mit dem Iran und die Verwicklung Russlands in US-Politik seien ein Grund zur Sorge.

Bedrohung Klimawandel

Ebenfalls als akute Bedrohung schätzen die „Uhrenhüter“ den Klimawandel ein: „Auf diesem Gebiet mag die Bedrohung weniger unmittelbar erscheinen, aber um langfristig katastrophale Temperaturerhöhungen zu vermeiden, muss jetzt gehandelt werden“, betonen die Wissenschaftler. „Bisher aber fällt die globale Reaktion auf diese Herausforderung weit hinter dem Nötigen zurück.“

„Die aktuelle, extrem bedrohliche Weltlage muss aber nicht so bleiben“, betont der renommierte US-Physiker Lawrence Krauss. „Die Bürger und Mächtigen der Welt können die Weltuntergangs-Uhr und die Welt noch von der metaphorischen Mitternacht der globalen Katastrophe bewahren – durch Handeln mit gesundem Menschenverstand.“

Appell an Trump und an die Weltbevölkerung

Das Uhrenkomitee empfiehlt dafür unter anderem der Trump-Administration, sich sowohl mit Nordkorea als auch Russland an den Verhandlungstisch zu setzen und vor allem, auf provokative Rhetorik und Manöver zu verzichten. Zudem sei es wichtig, das Atomabkommen mit dem Iran aufrechtzuerhalten, solange keine eindeutigen Beweise für Verstöße des Iran gegen die Auflagen vorliegen.

Wie die Wissenschaftler betonen, ist aber auch jeder Einzelne gefragt, jetzt aktiv zu werden: „Die Bürger der Welt können jetzt die Macht des Internets nutzen, um die Überlebensaussichten ihrer Kinder und Enkel zu verbessern“, so das BAS. „Sie können auf Fakten beharren und Unsinn zurückweisen. Sie können verlangen, dass gegen die existenzielle Bedrohung des Atomkriegs und des ungebremsten Klimawandels gehandelt wird. Sie können die Chance nutzen, eine sichere und vernünftigere Welt zu schaffen.“ Ihr Hashtag dazu ist #rewindtheDoomsdayClock.

(Bulletin of the Atomic Scientists, 31.01.2018 – NPO)

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