Schon in der Ursuppe aktiv: Forscher haben vier Proteinstrukturen identifiziert, die so alt sind wie das Leben selbst. Denn diese vier Grundbausteine halfen wahrscheinlich schon den allerersten Zellen bei ihrer Energiegewinnung. Im Laufe der Evolution kombinierten sich diese „Legosteine“ des Lebens dann zu unzähligen Proteinvarianten, die bis heute in uns Menschen und allen anderen Organismen arbeiten, wie die Wissenschaftler erklären.
Proteine sind die Motoren allen Lebens. Tausende Varianten dieser aus Aminosäuren aufgebauten Moleküle wirken in den Zellen aller Organismen und bilden die Basis für die komplexe Maschinerie des Lebens. Doch was stand am Anfang dieser Vielfalt? Welche Proteine oder Proteinbausteine bildeten vor mehr als drei Milliarden Jahren den Grundstock für die allerersten Zellen?
Fahndung nach den Ur-Proteinen
„Es gibt leider eine Fossilien, die uns zeigen, wie die Proteine am Beginn des Lebens aussahen“, erklärt Vikas Nanda von der Rutgers University. „Deshalb müssen wir von dem ausgehen, was wir heute haben und uns sozusagen zurückarbeiten.“ Gängiger Annahme nach müssen zumindest einige Ur-Proteine zu den sogenannten Oxidoreductasen gehört haben – Proteinen mit Übergangsmetallen als Kofaktoren, die den Elektronentransfer katalysieren und damit für die Energiegewinnung der Ur-Zellen entscheidend waren.
Um den Ur-Proteinen auf die Spur zu kommen, nutzten die Forscher ein Computerprogramm, das die dreidimensionale Struktur von knapp 10.000 Proteinen analysierte und nach gemeinsamen – und damit vermutlich sehr ursprünglichen Molekülteilen. „Das ist das erste Mal, dass wir Moleküle aus tausenden von Aminosäuren in Teile zerlegen, die primordialen Ursprungs sein könnten“, sagt Nanda.
Vier Module – viele Kombinationen
Und die Suche hatte Erfolg: Die Wissenschaftler entdeckten vier Proteinbausteine, die immer wieder in verschiedensten Proteinen auftraten und eine entscheidende Rolle beim Energietransfer spielen. Bei diesen handelt es sich um bakterielles Ferredoxin, die Enzyme Cytochrom C und Symerythrin sowie eine Variante des kupferhaltigen Proteins Plastocyanin – ein für die Fotosynthese von Algen wichtiges Enzym.
„Diese vier Strukturmodule sind im Prinzip nichts anderes als Überbleibsel der ursprünglichen ‚Bausteine des Lebens'“, erklären Nanda und seine Kollegen. „Diese molekularen Nanomaschinen sind im Laufe der Evolution mit nur kleinen Änderungen immer weitergegeben worden.“ Wie Legosteine wurde diese Proteine dabei in immer anderen Kombinationen zusammengesetzt und bildeten so den Grundstock einer stetig wachsenden Familie essenzieller Lebensbausteine.
Es könnte noch mehr geben
Doch wie die Forscher betonen, sind diese vier Legosteine des Lebens wahrscheinlich nicht die einzigen, die in den ersten Zellen aktiv waren. Sie vermuten, dass sie durch weitere Fahndung noch fünf bis zehn weitere Ur-Proteine ausfindig machen können. Eine weitere Herausforderung sei es dann, herauszufinden, wie sich diese Ur-Proteine im Laufe der Evolution weiterentwickelt haben – also gewissermaßen ihren Stammbaum zu rekonstruieren.
Die neuen Erkenntnisse könnten aber auch einen ganz praktischen Nutzen haben: „Wenn wir diese Module verstehen und wie sie innerhalb der existierenden Proteine miteinander verbunden sind, dann könnte uns das dabei helfen, ganz neue Katalysatoren zu entwickeln“, erklärt Nandas Kollege Paul Falkowski. „Mit ihnen könnte man dann einfacher Wasser spalten, Stickstoff binden und weitere Dinge tun, die für unsere Gesellschaft nützlich wären.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; doi: 10.1073/pnas.1714225115)
(Rutgers University, 24.01.2018 – NPO)