Hilfe für Bienen: Forscher könnte ein effektives und günstiges Mittel gegen die gefürchtete Varroa-Milbe gefunden haben. Erste Tests zeigen, dass Lithiumchlorid den Bienenparasit abtötet, wenn die Bienen es mit dem Futter aufnehmen. Im Gegensatz zu bisherigen Behandlungsansätzen ist Lithiumchlorid leicht verfügbar, verträglich und unkompliziert anzuwenden, wie die Wissenschaftler berichten.
Die aus Asien nach Europa eingeschleppte Varroa-Milbe gilt als eine der größten Bedrohungen für die europäische Honigbiene. Denn der blutsaugende Parasit schwächt Bienen und ihre Larven und überträgt zudem Krankheitserreger. Im Extremfall kann der Milbenbefall ein Bienenvolk innerhalb von ein bis drei Jahren komplett ausrotten. Um die Varroa-Milben zu bekämpfen, mussten Imker Bienenstöcke bisher mit aggressiven organischen Säuren oder chemisch hergestellten Milbenbekämpfungsmitteln behandeln, die Resistenzprobleme und Rückstände verursachen.
Zufallsfund im Kontrollversuch
Ein effektiveres und einfacher anzuwendendes Mittel gegen die Varroa-Milbe haben nun Bettina Ziegelmann von der Universität Hohenheim und ihren Kollegen entdeckt – durch Zufall. Denn eigentlich wollten die Forscher eine gentechnische Methode gegen den Blutsauger testen, bei der milbenspezifische RNA-Schnipsel deren Genaktivität und Stoffwechsel stören.
Doch zur Überraschung der Forscher erwies sich ein Kontrollversuch ohne die wirkungsvollen RNA-Schnipsel als ebenso wirksam. Nähere Analysen enthüllten, dass diese Probe Lithiumchlorid enthielt. Dieses Salz wird in der Humanmedizin schon lange als Antidepressivum eingesetzt und gilt als gut verträglich. Zudem wird es das leicht in Wasser lösbare Salz als Trocknungsmittel und Enteiserlösung verwendet.
Milbe stirbt ab
Bei den Bienen sorgt Lithiumchlorid überraschend effektiv dafür, dass die Varroa-Milben absterben: „Bei unseren Versuchen haben bereits geringe Mengen der Salzlösung ausgereicht, um innerhalb weniger Tage die auf den Bienen aufsitzenden Milben abzutöten – ohne Nebenwirkungen für die Bienen“, berichtet Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde. Auch für eine Ablagerung im Honig gibt es bislang keine Anzeichen.
Ein weiterer Vorteil: „Lithiumchlorid kann man Bienen in Zuckerwasser aufgelöst füttern“, so Rosenkranz. Damit ist die Anwendung dieses Mittels unkompliziert und verträglich. Zudem ist Lithiumchlorid günstig, weil es reichlich verfügbar ist: Die weltweiten Vorräte des Leichtmetalls Lithium werden auf über 40 Millionen Tonnen geschätzt, als Lithiumchlorid-Salz findet es sich in Salzlaugen, Salzseen und Heilquellen, und das zum Teil in erstaunlich hoher Konzentration.
Weitere Tests in Arbeit
Nach über 25 Jahren Forschung steht damit erstmals ein neuer Wirkstoff im weltweiten Kampf gegen die Varroa-Milbe zur Verfügung. Bevor Lithiumchlorid nun als Medikament für Bienen auf den Markt kommen kann, sind allerdings noch weitere Tests nötig, um die beste Dosierung zu bestimmen und Nebenwirkungen für Bienen und Anwender sowie das Risiko von Rückständen auszuschließen.
Wie die Forscher berichten, laufen bereits Gespräche mit Unternehmen, die die Produktentwicklung und Zulassung übernehmen sollen. Den durch Pestizide, Monokulturen und die Varroa-Milbe beeinträchtigten Honigbienen könnte dieses Mittel zumindest eine Erleichterung verschaffen, so die Hoffnung der Forscher. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-017-19137-5)
(Universität Hohenheim, 15.01.2018 – NPO)