Freispruch für den Klimawandel: Die Freisetzung von Methan am Meeresboden vor Spitzbergen geht wohl doch nicht auf die menschengemachte Erderwärmung zurück. Analysen von Bohrproben zeigen: Das Methan muss bereits seit Tausenden von Jahren aus dem Sediment sprudeln. Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich das Abschmelzen von Eismassen nach der letzten Eiszeit. Denn die damit verbundene Druckentlastung machte im Boden vorkommende Methanverbindungen instabil – und das Treibhausgas wurde frei.
Methan ist bekanntermaßen ein potentes Treibhausgas: Seine Treibhauswirkung liegt bis zu 30-fach höher als die von Kohlendioxid. Das Gas kommt als natürlicher Bestandteil unserer Umwelt vor, ist der Hauptbestandteil von Erdgas und liegt in vielen Regionen der Ozeane in Form von Methanhydraten vor, die auch als brennendes Eis bezeichnet werden.
Diese Verbindungen aus Wasser und Methan sind jedoch nur unter hohem Druck und kalten Temperaturen stabil. Wird der Druck zu gering oder die Temperatur zu hoch, lösen sich die Hydrate auf: Das Methan wird als Gas freigesetzt und entweicht aus dem Meeresboden. Solche Methanquellen beobachten Forscher seit Jahren beispielsweise im Mittelmeer, im Schwarzen Meer sowie im Polarmeer vor Spitzbergen.
Was ist die Ursache?
Doch was ist der Grund für diese Ausgasungen? Ist die Erwärmung durch den Klimawandel schuld daran oder stecken andere, natürliche Prozesse dahinter? Um diese Frage zu klären, haben Klaus Wallmann vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und seine Kollegen das Meeresgebiet um Spitzbergen nun genauer unter die Lupe genommen.
Mithilfe eines speziellen Bohrgeräts gelang es ihnen erstmals, besonders lange Sedimentkerne in der Region zu gewinnen und damit einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. „Darin fanden wir signifikante Süßwassermengen, die aus aufgelösten Hydraten stammen“, berichtet Wallmanns Kollege Gerhard Bohrmann von der Universität Bremen.
Landhebung als wahrscheinliche Erklärung
Das Besondere: Dieses Süßwasser ist zum Teil bereits 8.000 Jahre alt. Der Prozess der Hydratauflösung muss demnach schon damals begonnen haben, kann also nicht durch die Klimaerwärmung der vergangenen Jahrzehnte bedingt sein. Was aber löste den Prozess dann aus? Eine mögliche Erklärung dafür lieferte den Forschern eine Modellsimulation der Eisverteilung in der Arktis seit der letzten Eiszeit.
Die Ergebnisse zeigten: „Nach dem Abschmelzen der Eismassen hat sich das Land rascher und stärker angehoben, als der Meeresspiegel stieg“, sagt Borhmann. „Dadurch ließ der Druck auf die Hydrate nach und sie wurden schließlich instabil.“ Den Forschern zufolge sind die nacheiszeitlichen Landhebungen folglich die wahrscheinlichste Ursache für die Methanfreisetzung vor Spitzbergen – und nicht der Klimawandel. Ob dies auch für weitere Gebiete der Arktis oder auch in mittleren Breiten zutrifft, sollen nun weitere Untersuchungen zeigen. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-017-02550-9)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 09.01.2018 – DAL)