Unverwechselbarer Klang: Traurig-schöne, klagende Töne sind das Markenzeichen früher Klarinetten, die den New-Orleans-Jazz Anfang des 20. Jahrhunderts entscheidend mitprägten. Ihr einzigartiger Sound ist mit moderneren Instrumenten kaum zu vergleichen – und das liegt vor allem an ihrer Bauweise, wie ein Musiker nun berichtet. Mit der richtigen Technik lassen sich ihm zufolge jedoch auch neueren Klarinetten die Töne des alten Jazz entlocken.
Die Klarinette gehört zu den typischen Holzblasinstrumenten. Sie besteht aus einer zylindrischen Röhre mit Löchern und Klappen, die sich aus vier getrennten Teilen zusammensetzt, sowie einem Mundstück mit Rohrblatt. Musik lässt sich dem Instrument durch gekonntes Blasen entlocken. Je nachdem welche Klappen der Musiker dabei herunterdrückt, entstehen unterschiedliche Töne.
„Der Klang der Klarinette hängt dabei von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von ihrer Größe, der Bohrart der Löcher, der Form des Mundstücks oder der Blasmethode des Spielers“, sagt Michael White von der Xavier University in New Orleans. Aus diesem Grund klinge kein Instrument wie das andere.
Der Klang alter Zeiten
Besonders angetan haben es dem Musiker die frühen Klarinetten des Jazz seiner Heimat: Ihr schöner, klagender Klang ist typisch für Blaskapellen oder die sogenannten Jazz-Beerdigungen – ein musikalischer Bestattungsritus, der ursprünglich in New Orleans entstand. Doch was macht diese alten Instrumente so unverwechselbar?
Um das herauszufinden, hat White den Klang von Klarinetten genauer analysiert. Ihm zufolge ist es vor allem die Bauform, die den Unterschied macht: „Moderne Klarinetten sind heute in der Regel nach dem Böhm-System gebaut, das technisch leichter zu handhaben ist“, sagt er. Bei den frühen Instrumenten des New-Orleans-Jazz handelte es sich dagegen um sogenannte Albert-Klarinetten. Sie unterscheiden sich von ihren moderneren Nachfolgern durch eine etwas anders geformte Röhre und ein anderes Mundstück. Außerdem haben sie über vielen Tonlöchern keine Klappen.
„Singende“ Klarinetten
Das macht sie in gewissen Dingen flexibler: Beispielsweise lassen sich durch nur teilweises Abdecken der Löcher Töne um Nuancen verändern und Glissandi oder sogenannte Blue Notes spielen. Es sei mit diesen Instrumenten einfacher, einen „singenden Ton“ zu produzieren, konstatiert White. Nach wie vor sind Albert-Klarinetten daher vor allem bei Jazzern beliebt und werden weiterhin produziert. Auch der US-amerikanische Filmregisseur und Musiker Woody Allen spielt eine Albert-Klarinette.
Doch lässt sich mit ein bisschen Übung auch einer Böhm-Klarinette ein Albert-mäßiger Klang entlocken? „Ich experimentiere schon lange damit und versuche meine Böhm mehr wie eine Albert klingen zu lassen“, sagt White. Dafür probiert er neue Geräte und Aufsätze aus und feilt an der Spieltechnik: „Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass die Position der Zunge den Luftstrom und damit den Ton entscheidend beeinflusst.“
Seine Ergebnisse will der Musiker künftig in einem Lehrbuch zusammentragen und andere Musiker inspirieren: „Damit die Klarinetten in Zukunft facettenreicher klingen als das eher schmale Spektrum, das man heutzutage so hört“, schließt er. (Acoustical Society of America, 174th Meeting 2017; Abstract: 3aMU1)
(Acoustical Society of America, 28.12.2017 – DAL)