Nicht von dieser Welt: Auf der schottischen Insel Skye haben Forscher zwei Minerale entdeckt, die bisher noch nie auf der Erde gefunden worden sind. Eines von ihnen ist völlig neu, das andere wurde bisher nur im Staub des Kometen Wild-2 nachgewiesen. Auf der Insel entdeckte Impaktspuren deuten darauf hin, dass die exotischen Minerale vor rund 60 Millionen Jahren bei einem Meteoriten-Einschlag auf die Erde gelangten, wie die Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten.
Wenn Meteoriten auf der Erde einschlagen, richten sie nicht nur Zerstörungen an. Durch solche Einschläge gelangten im Laufe der Erdgeschichte auch viele exotische Elemente und Minerale auf die Erde, darunter „unmögliche“ Quasikristalle, aber auch das auf der Erde seltene Metall Iridium. Andere Minerale, wie das Lonsdaleit entstanden durch die enorme Energiefreisetzung beim Einschlag.
Verdächtige Ablagerungen
An einem völlig unerwarteten Ort haben nun Simon Drake von der Birkbeck University London und seine Kollegen neue Hinweise auf einen zuvor unbekannten – und besonders spannenden – Meteoriteneinschlag entdeckt. Die Forscher waren auf der schottischen Insel Skye unterwegs – einer der geologisch am besten untersuchten Regionen Großbritanniens. Die Insel gehört zu einer ausgedehnten vulkanischen Provinz, die von der schottischen Küste bis nach Nordirland reicht.
Vor rund 60 Millionen Jahren begann hier eine Phase heftiger Ausbrüche, die einen Großteil dieses Gebiets mit dicken Lavaschichten bedeckte. Als Drake und seine Kollegen nahe der Südküste von Skye auf eine knapp einen Meter dicke, auffallende Gesteinsschicht stießen, hielten sie es daher zunächst für Vulkangestein – nahmen aber dennoch eine Probe. Eine weitere nahmen sie von einer sieben Kilometer entfernten Fundstelle mit einer ganz ähnlichen, zwei Meter dicken Ablagerungsschicht.
Außerirdische Minerale
Als die Forscher diese Gesteinsproben im Labor näher untersuchten, entdeckten sie Überraschendes: Das Gestein enthielt gleich zwei noch nie zuvor auf der Erde gefundenen Minerale. Das erste ist ein Vanadium-reiches Osbornit (TiVN), eine Verbindung aus Titan und Stickstoff, die mit dem Metall Vanadium versetzt ist. Das zweite ist ein Osbornit, das besonders viel Niob enthält (TiNbN).
„Auf der Erde wurde bisher nur reines Osbornit gefunden“, berichten die Wissenschaftler. Der bisher einzige Nachweis eines mit Vanadium versetzten Osbornits stammt aus dem Staub des Kometen Wild-2, den die Raumsonde Stardust zur Erde zurückbrachte. Niob-reiches Osbornit war bisher überhaupt nicht bekannt.
Einschlag vor 60 Millionen Jahren
„Die Präsenz dieser Minerale auf Skye ist ein eindeutiger Beleg für einen extraterrestrischen Ursprung“, sagen Drake und seine Kollegen. Wie aber kamen sie auf die Erde? Indizien dafür lieferten weitere Analysen der beiden Gesteinsschichten. In ihnen fanden die Wissenschaftler gleich mehrere Anzeichen dafür, dass diese Ablagerungen beim Einschlag eines Meteoriten entstanden sein müssen.
Datierungen der unmittelbar unter und über den Ablagerungen liegenden Gesteinsschichten sprechen dafür, dass sich dieser Einschlag in der Zeit vor 61,4 bis 60 Millionen Jahren ereignet haben muss. Wo jedoch der Meteorit damals einschlug und wie groß er war, wissen Drake und seine Kollegen noch nicht. Auch die Ausdehnung der von diesem Impakt verursachten Ejektaschicht sei unbekannt, berichten sie: „Der Krater könnte an verschiedenen Stellen auf der Nordhalbkugel liegen, es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ejekta auf Schottland begrenzt waren.“
Verstärker der Flutbasalt-Ausbrüche?
Dieser Einschlag brachte aber nicht nur außerirdische Minerale auf die Erde, er könnte auch die weitere Entwicklung des gesamten Gebiets entscheidend geprägt haben. Denn der Impakt ereignete sich genau zu der Zeit, als die sogenannte British Paleogene Igneous Province (BPIP) zu feurigem Leben erwachte: Eine Phase heftiger Flutbasalt-Eruptionen begann.
„Dies provoziert wichtige Fragen zur Verbindung zwischen dem Impakt und dem Vulkanismus der BPIP“, sagen Drake und seine Kollegen. „Trug der Einschlag zum Flutbasalt-Vulkanismus bei? Und beeinflusste er womöglich auch die größere Nordatlantische Vulkanprovinz?“ Wissenschaftler haben schon länger den Verdacht, dass die Schockwellen großer Einschläge wie beispielweise dem Chicxulub-Asteroiden vor 66 Millionen Jahren, Phasen heftigen Vulkanismus triggern können.
Ob dies auch bei dem jetzt neuentdeckten Einschlag vor 60 Millionen Jahren der Fall war und wo der Meteorit damals niederging, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. (Geology, 2017; doi: 10.1130/G39452.1)
(Geological Society of America, 20.12.2017 – NPO)