Wackelnde Angelegenheit: Mit ihren Schritten können Fußgänger Brücken gefährlich zum Schwingen anregen. Ein mathematisches Modell zeigt nun, welche Rolle die Zahl der Personen dabei spielt. Das Ergebnis: Anders als gedacht nimmt die Schwingung nicht linear mit der Größe der Menschenmenge zu. Stattdessen verstärkt sie sich ab einem kritischen Schwellenwert abrupt. Künftig könnten die Ergebnisse bei der Bauplanung von Brücken und anderen Bauwerken helfen, schreiben die Forscher.
Fast wäre es ein gewaltiger Reinfall geworden: Im Jahr 2000 wurde nach über hundert Jahren erstmals wieder eine neue Brücke über die Themse in London eingeweiht. Doch als am Eröffnungstag Heerscharen von Besuchern auf die Millenium Bridge strömten, geriet das moderne Bauwerk heftig ins Schwanken. Erst nach einer zweijährigen Sperrung und aufwändigen Nachbesserungen, die noch einmal ein Drittel der ursprünglichen Baukosten verschlangen, konnte das Problem gelöst werden.
Doch was hatte die gefährlichen Schwingungen der Brücke damals ausgelöst? „Wenn Fußgänger über eine Brücke gehen, interagieren sie mit dem Bauwerk und können es in Schwingung versetzen“, erklärt Igor Belykh von der Georgia State University in Atlanta. Als wahrscheinlich gilt, dass die Schritte der über das Bauwerk wandelnden Passanten dabei zufällig mit der sogenannten Eigenfrequenz der Brücke übereinstimmten.
In Schwingung versetzt
Denn erfährt ein Bauwerk immer zu rechten Zeit den rechten Schub, wird es angeregt – und eine anfänglich kaum spürbare Schwingung kann sich leicht aufschaukeln. Physiker sprechen vom Resonanzphänomen. Im Falle der Millenium Bridge könnten immer mehr Fußgänger ihren Gang an das zunächst leichte Schwanken angepasst haben und auf diese Weise in Gleichtakt geraten sein. Dadurch sorgten sie für weitere Resonanz und eine zusätzliche Verstärkung der Schwingungen.