Clevere Vögel: Wieder einmal haben Goffini-Kakadus ihrem Ruf als Werkzeug-Profis alle Ehre gemacht. Ein Experiment zeigt: Den Vögeln gelingt es, aus unterschiedlichen Objekten gezielt jenes herauszusuchen, das zu einem speziell geformten Loch in einer Box passt – und sich dadurch Zugang zu einer Nuss zu verschaffen. Besonders bemerkenswert: Die Kakadus kommen dabei sogar schneller zum Erfolg als Primaten. Vermutlich verlassen sie sich mehr auf ihren Sehsinn anstatt einfach „drauf los“ zu probieren.
Die in Indonesien heimischen Goffini-Kakadus erweisen sich immer wieder als erstaunlich clever: Sie schlussfolgern logisch, knacken Tresore und wägen sehr genau ab, ob sich ein Einsatz lohnt. Zudem verfügen die Vögel über ein außerordentliches Talent beim Werkzeuggebrauch. Denn obwohl sie in ihrem natürlichen Lebensraum keine Werkzeuge benutzen, werden sie in Volieren zu Handwerkern und Bastlern. Dabei setzen sie ihnen dargebotene Hilfsmittel nicht nur geschickt ein. Sie stellen sich sogar selbst welche her und verbiegen zu diesem Zweck zum Beispiel Drähte oder knabbern sich Holzstückchen zurecht.
Der Schlüssel zum Schloss
Wissenschaftler um Cornelia Habl von der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben die Werkzeug-Künste der Kakadus nun erneut auf die Probe gestellt. Sie testeten, ob die Vögel dazu in der Lage sind, Formen als Werkzeuge zu benutzen. Konkret mussten die Tiere erkennen, welches Objekt zu einem speziell geformten Loch in einer Box passt. Oder anders ausgedrückt: Den korrekten „Schlüssel“ zum „Schlüsselloch“ finden.
Die Fähigkeit, einen Gegenstand in einen passenden Rahmen einzuführen, entwickelt sich beim Menschen bereits in den ersten Lebensjahren. In dieser Zeit beginnen Kinder, Punkte in der Umwelt zur Orientierung zu verwenden, wenn sie Objekte im Raum bewegen. Diese Art von Bezugsrahmen nennen Wissenschaftler allozentrisch. Die Fähigkeit, diesen auch anzuwenden, gilt bei Kleinkindern als Voraussetzung für den Gebrauch von Werkzeugen wie etwa einem Löffel. Später hilft sie uns zum Beispiel dabei, das Ende eines Schraubenziehers in eine Schraube einzusetzen.
Besser als Primaten
Doch können Kakadus ebenso gut mit Formen umgehen wie Menschenkinder? Um das zu klären, regten die Forscher ihre gefiederten Probanden mithilfe einer schmackhaften Versuchung zum Werkzeuggebrauch an: „Wir haben eine Box mit einer austauschbaren, transparenten Vorderseite mit einem spezifisch geformten Loch in der Mitte verwendet. Wenn ein Vogel das passende Objekt durch das Loch geworfen hat, ist eine Plattform heruntergeklappt und hat eine Nuss freigegeben“, erklärt Habl die Versuchsanordnung.
Dabei wurden die Kakadus ihrem Ruf als Werkzeug-Profis mehr als gerecht, wie die Wissenschaftlerin berichtet: „Die Vögel haben schon nach kurzer Zeit und ohne Training das korrekte Objekt aus bis zu fünf verschiedenen Formen ausgewählt.“ Besonders bemerkenswert: Die Kakadus brauchten weniger Anläufe als Primaten, um einfache Gegenstände wie Kugeln, Würfel und Dreiecke einzupassen.
Erst gucken, dann einlochen
Trotz ihrer bemerkenswerten Geschicklichkeit fehlt unseren engsten Verwandten offenbar die Fähigkeit zur visuellen Anpassung. Anders als drei- oder vierjährige Kinder vergleichen Menschenaffen die Formen nicht zuerst visuell und halten sie übereinander, bevor sie versuchen sie durchs Loch zu führen. Auf diese Weise müssen sie viel mehr herumprobieren und brauchen etliche Anläufe. Dass Kakadus schneller zum Erfolg kommen, legt nahe, dass sie sich eher auf ihren Sehsinn verlassen als Primaten – und damit ähnlich vorgehen wie Kinder.
Darüber hinaus zeigten die Experimente wieder einmal, wie kreativ und auch pragmatisch die schlauen Vögel handeln. So mühten sie sich bei komplexer geformten Objekten gar nicht erst lange ab, diese deckungsgleich durch das Schlüsselloch einzupassen. Stattdessen bewegten sie beispielsweise einen kreuzförmigen Gegenstand um 90 Grad, sodass sie nur noch zwei statt vier Vorsprünge gleichzeitig durch das Loch stecken mussten.
Wie Kleinkinder
„Wir konnten zeigen, dass Goffin-Kakadus tatsächlich einen allozentrischen Bezugsrahmen verwenden, wenn sie Objekte im Raum bewegen, ganz so wie Kleinkinder“, schließt Habls Kollegin Alice Auersperg. In weiteren Studien wollen sich die Forscher nun mit weiteren Details der Form-Rahmen-Passfähigkeiten der Vögel beschäftigen und vor allem die Rolle des Sehens beim Platzieren untersuchen. (Plos One, 2017; doi: 10.1371/journal.pone.0186859 )
(Universität Wien, 09.11.2017 – DAL)