Klima

Europa: Klimaprognosen werden Realität

Mehr Dürren im Süden, mehr Nässe im Norden

Trockene Aussichten: Extreme Dürren werden in weiten Teilen Europas häufiger - wie von Klimamodellen vorhergesagt. © Andrzej Boldaniuk

Die Vorhersagen holen uns ein: Prognosen zufolge bringt der Klimawandel Europas Süden mehr Dürre und dem Norden mehr Starkregen. Diese Vorhersagen haben sich längst bewahrheitet, wie eine aktuelle Studie zeigt. Demnach ist es in den vergangenen Jahrzehnten in den südlichen Regionen unseres Kontinents tatsächlich trockener und in den nördlichen Gebieten nasser geworden. Zudem offenbaren die Ergebnisse, wie unterschiedliche Dürredefinitionen Abweichungen in Klimamodellen erklären können.

In den letzten Jahren ist es in Europa immer wieder zu extremen Hitzewellen und Dürren gekommen – zuletzt noch im vergangenen Frühsommer. Im Juni 2017 war es in weiten Teilen Europas teilweise bis zu sieben Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Die Hitze reichte damit an die Rekordwerte des Sommers 2003 heran und übertraf sie in einigen Regionen sogar. Sind solche Hitzeperioden schon Folgen des Klimawandels?

Tatsächlich sagen Klimamodelle vorher, dass es durch die Erderwärmung bei uns insgesamt zu mehr Wetterextremen kommt. Doch nicht überall bedeutet das heiße Temperaturen und Trockenheit. Den meisten Prognosen zufolge macht der Klimawandel vor allem den Süden wärmer und trockener. In Mittel- und Nordeuropa wird es dagegen sogar nasser. Allerdings: Wo genau die Grenze zwischen den eher für Dürre und eher für Starkregen anfälligen Gebieten verläuft, darüber sind sich die Modelle nicht einig.

Ist das schon der Klimawandel?

Diese Unterschiede in den Prognosen machen es schwierig zu beurteilen, ob aktuelle Wetterereignisse bereits den Klimawandel abbilden oder nicht. Diesem Problem haben sich nun Wissenschaftler um James Stagge von der Utah State University in Logan gewidmet: Sie analysierten meteorologische Daten aus den 1950er Jahren bis heute und verglichen diese mit unterschiedlichen Klimamodellen.

Ihr Verdacht: Die abweichenden Vorhersagen könnten mit den verschiedenen Dürredefinitionen zusammenhängen, die von Forschern verwendet werden. So basiert der sogenannte Standardisierte Niederschlagsindex nur auf Regenmengen, während der Niederschlags-Evapotranspirationsindex auch die Verdunstung mit einbezieht. Dieser Dürreindex beruht somit auf der Wasserbilanz.

In den letzten 30 bis 40 Jahren haben Trockenperioden vor allem in südlichen Regionen Europas wie dem Mittelmeerraum zugenommen. © James Stagge

Prognosen bestätigt

Für ihre Studie berechneten Stagge und seine Kollegen mithilfe der Daten aus den vergangenen Jahren jeweils beide Dürreindices. Die Ergebnisse beider Werte zeigen: Tatsächlich sind Dürren in den vergangenen Jahren im Süden Europas häufiger und im Norden seltener geworden – die Realität entspricht damit inzwischen den in Klimamodellen vorhergesagten Trends.

Während die Wissenschaftler bis in die 1970er Jahre mit beiden Berechnungsarten noch ähnliche Ergebnisse erzielten, weichen sie seitdem jedoch immer stärker voneinander ab. Wo laut Niederschlagsindex angeblich keine Dürre herrschte, stellte Stagges Team mit dem anderen Index sehr wohl eine Dürre fest.

Grenze verschiebt sich

Den Grund sehen die Forscher in den Temperaturen, die in Europa seit den 70er Jahren zunehmend gestiegen sind. Denn durch den Temperaturanstieg kommt es zu mehr Verdunstung – dieser Effekt wird aber nur von dem zweiten Dürreindex abgebildet. „Wenn man die Evapotranspiration mit einbezieht, rutscht die Grenze zwischen den trockener und nasser werdenden Regionen immer weiter in den Norden, bis nach Deutschland und England vor“, sagt Stagge.

Damit haben die Forscher zwei wichtige Dinge gezeigt. Zum einen sind die Dürreperioden, die wir in der Vergangenheit immer wieder in Europa erlebt haben, sehr wahrscheinlich eine Folge des Klimawandels. „Wir sehen jetzt, dass die Prognosen mit den tatsächlichen Beobachtungen übereinstimmen“, betont Stagge. „Die Frage ist nicht mehr: Passiert es wirklich? Sondern: Wie extrem wird es und was können wir tun?“

Eine Sache der Definition

„Zum anderen offenbart unsere Arbeit, dass meteorologische Definitionen in Zeiten eines sich verändernden Klimas mit Bedacht gewählt werden müssen“, sagen die Wissenschaftler. Was im Umfeld eines stabilen Klimas einmal standardisiert war, könne sich durch den Klimawandel verschieben und je nach Messmethode und betrachtetem Zeitraum zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Dies zu wissen, ist den Forschern zufolge vor allem deshalb wichtig, weil beide Dürreindices nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch von politischen Entscheidungsträgern und der Industrie genutzt werden. In Pilotprogrammen von Versicherungen werden diese Definitionen zum Beispiel verwendet um zu berechnen, ob Landwirte ein Recht auf dürrebedingte Kompensationszahlungen haben. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-14283-2)

(Utah State University, 30.10.2017 – DAL)

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