Astronomie

Gasriese schneit Sonnenschutzmittel

Erster Nachweis von planetarer Kältefalle auf einem Exoplaneten

Der heiße Gasriese Kepler-13Ab (links) kehrt seinem Stern immer die selbe Seite zu. Das ermöglicht ein ungewöhnliches Phänomen in seiner Atmosphäre. © NASA, ESA, and G. Bacon (STScI)

Ungewöhnliche Entdeckung: Auf der Nachtseite des Gasriesen Kepler-13Ab schneit es Titanoxid – die Substanz, die in Sonnencremes die UV-Strahlung blockiert. Das Ungewöhnliche daran: Das Titanoxid entsteht auf der Tagseite des Exoplaneten. Erst starke Winde wehen es auf die kühlere Nachtseite, wo es zu schneeartigen Flocken kondensiert. Es ist das erste Mal, dass Astronomen dieses Phänomen auf einem Exoplaneten beobachtet haben.

Jenseits unseres Sonnensystems existieren die ungewöhnlichsten Planeten. So haben Astronomen bereits einen Gasriesen entdeckt, in dessen Wolken Rubine und Saphire schweben, die nahe Supererde 55 Cancri e überrascht dagegen mit einer Blausäure-Atmosphäre und einem Kern aus Diamant. Exotisch erscheinen auch einige heiße Jupiter – Gasriesen, die ihren Stern extrem eng umkreisen und daher extrem heiß sind.

Hubble-Blick auf heißen Jupiter

Auf einem dieser heißen Jupiter haben Astronomen nun ein weiteres ungewöhnliches Phänomen entdeckt – dem Gasriesen Kepler-13Ab. Er liegt gut 1.700 Lichtjahre von uns entfernt in einem Dreifachsystem und ist sechsmal so massereich wie der Jupiter. Weil er seinen Stern in gebundener Rotation umkreist, ist seine Tagseite auf rund 2.750 Grad Celsius aufgeheizt.

Um mehr über die Atmosphäre dieses Gasriesen zu erfahren, haben Thomas Beatty von der Pennsylvania State University und seine Kollegen diesen Exoplaneten mit dem Hubble Weltraumteleskop untersucht. Über Spektralanalysen des von Kepler-13Ab reflektierten Lichts konnten sie Informationen über die chemischen und thermischen Merkmale des Planeten gewinnen.

Kälter statt heißer

Das überraschende Ergebnis: Mit steigender Höhe wird die Atmosphäre von Kepler-13Ab immer kälter. Das ist anders als bei den meisten bekannten Gasriesen, wie die Astronomen erklären. Denn bei diesen nehmen die Temperaturen der Gashülle nach oben hin zu, weil lichtabsorbierende Verbindungen wie Titanoxid das Sonnenlicht schlucken und die obere Atmosphäre aufheizen.

Doch bei Kepler-13Ab scheint dies nicht der Fall. Aber warum? Eine Erklärung liefert die schon vor einigen Jahren postulierte Theorie der planetaren „Kältefalle“. Nach dieser entstehen wegen der starken Temperaturunterschiede zwischen Tag- und Nachtseite bei solchen Planeten starke Winde. Diese reißen das gasförmige Titanoxid mit sich auf die Nachtseite. Weil es dort jedoch deutlich kälter ist, kristallisiert die Verbindung aus und es entstehen weißliche, schneeartige Flocken.

Kepler-13Ab im Vergleich zu einigen Planeten unsers Sonnensystems: Er ist deutlich größer und schwerer selbst als Jupiter. © NASA, ESA, and A. Feild (STScI)

Die Schwerkraft macht den Unterschied

„Dieser Prozess kommt wahrscheinlich auf den meisten heißen Jupitern vor“, erklärt Beatty. „Aber diese Gasriesen haben eine geringere Schwerkraft als Kepler-13Ab.“ Dadurch bleibt der Titanoxid-„Schnee“ in der Schwebe und wird zurück auf die Tagseite geweht. Dort wird er wieder gasförmig und der Kreis schließt sich. Damit aber bleibt die obere Atmosphäre aufgeheizt und dieser Kreislauf ist aus der Ferne nicht nachweisbar.

Anders auf Kepler-13Ab: Weil auf diesem Gasriesen eine sechsfach höhere Schwerkraft herrscht als auf dem Jupiter, kann der Titanoxid-Schnee nicht in der Schwebe bleiben, wie die Astronomen erklären. Stattdessen sinkt er in tiefere Schichten der Gashülle hinab – es schneit. Das Problem: Das Titanoxid ist damit außer Reichweite für die Sturmwinde und kann daher nicht zurück auf die Tagseite geweht werden. Das dortige Reservoir dünnt dadurch aus und die obere Atmosphäre wird kühler.

Kepler-13Ab liefert den Beweis

Bisher waren solche planetaren „Kältefallen“ reine Theorie. Doch die Beobachtungen bei Kepler-13Ab haben nun den ersten Beleg dafür geliefert, dass dieses Phänomen tatsächlich auf solchen Exoplaneten existiert. „Zu verstehen, wie das Klima auf anderen Welten funktioniert, ist eine der großen Fragen der letzten Jahre“, sagt Beattys Kollege Jason Wright. „Diese Kältefalle nun in Aktion zu sehen, liefert uns ein lange gesuchtes und wichtiges Teil dieses Puzzles.“

Zwar sind heiße Jupiter eine extreme Variante exoplanetaren Klimas, gleichzeitig bieten sie den Astronomen wegen ihrer Größe und Nähe zum Stern besonders gute Möglichkeiten, deren Atmosphären zu beobachten. „Die Atmosphäre auf diesen Planeten und ihre Funktionsweise zu verstehen, wird uns dabei helfen, wenn kleinere Exoplaneten untersuchen, die schwerer zu sehen sind und kompliziertere Atmosphären besitzen“, sagt Beatty. (The Astronomical Journal, 2017; doi: 10.3847/1538-3881/aa899b)

(NASA/JPL, Penn State, 27.10.2017 – NPO)

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