Dreifach nützlich: Gebrauchte Plastikflaschen könnten künftig Betonbauten stabiler machen. Schon die Beimischung von ein wenig PET-Kunststoffpulver verbessert die Betonstruktur und macht den Baustoff um 20 Prozent stärker, wie US-Forscher herausgefunden haben. Zwei weitere Vorteile: Durch die Plastikbeimischung wird CO2 bei der Zementproduktion eingespart und gleichzeitig landen weniger PET-Flaschen auf den Deponien.
Die Menschheit erstickt in Plastik: Jedes Jahr gelangen mehr als acht Millionen Tonnen Plastikmüll über unsere Küsten und Flüsse ins Meer. Längst haben Mikroplastik-Partikel und andere Kunststoffreste selbst die Tiefsee, die Arktis und die entlegendsten Inseln erreicht. Das Problem: Die Kunststoffe zersetzen sich kaum und nur ein geringer Teil der langlebigen Materialien wird bisher recycelt. Auch erste Versuche mit Biokunststoffen und plastikfressenden Bakterien haben bisher am Plastikmüll-Problem nicht viel geändert.
Plastikabfall als Betonbeimischung?
Eine nützliche Zweitverwertung von Plastikabfällen könnten nun Michael Short vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und sein Team gefunden haben. Sie haben untersucht, ob sich PET aus alten Plastikflaschen als Zusatz von Beton verwenden lässt – dem meistverwendeten Baustoff unserer Zeit. Kein anderes Material wird von der Menschheit so viel eingesetzt wie diese Mischung aus Zement, Kies und Sand.
Die Idee dahinter: Würde man einen Teil des Zements durch kleingemahlenen Kunststoff ersetzen, könnte man einerseits Abfall reduzieren, andererseits Emissionen sparen. Denn bei der Zementproduktion werden enorme Mengen des Treibhausgases CO2 freigesetzt. Sie ist für fast fünf Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.
Strahlendusche für das PET
Doch die Sache hat einen Haken: Fügt an einfach nur pulverisiertes PET zum Beton hinzu, macht ihn dies nicht stabiler, sondern schwächer, wie frühere Studien belegen. Die Polymerfasern mindern den Zusammenhalt des Materials. Um Abhilfe zu schaffen, suchten die Forscher daher nach einer Methode, um die Struktur des PETs zu verändern.
Ihre Lösung: eine Bestrahlung der Plastikabfälle mit Gammastrahlung. Wie Experimente von Short und seinem Team ergaben, führt diese energiereiche Strahlendusche zu chemischen Umlagerungen in den Polymermolekülen. Röntgenkristallografie-Aufnahmen zeigen, dass sich mehr Querverbindungen zwischen den Molekülketten bilden. Dadurch wird das PET steifer und stabiler.
Bis zu 20 Prozent stabiler
Für den entscheidenden Test zermahlten die Forscher die bestrahlten PET-Reste zu einem feinen Pulver, mischten es mit Zement und gossen Betonblöcke daraus. Diese Blöcke mit 1,5 Prozent Plastikpulver unterzogen die Wissenschaftler dann einem Kompressionstest und verglichen die Ergebnisse mit herkömmlichem Zement und Zement mit einer Beimischung von unbestrahltem PET.
Das Ergebnis: Die Betonblöcke mit bestrahltem PET waren bis zu 20 Prozent stabiler als Blöcke aus normalem Zement. Den Grund dafür enthüllten Analysen im Elektronenmikroskop und mittels Röntgenkristallografie: „Auf der Nano-Ebene verändert das bestrahlte Plastik die Kristallinität des Betons“, erklärt Shorts Kollege Kunade Kupwade-Patil. Die Polymerpartikel wirken im Betongemisch wie winzige Halteklammern und füllen schwächende Poren im Material. Dadurch machen sie den Beton stabiler.
Gleich drei Vorteile
„Damit könnte unsere Methode eine nachhaltige Lösung für einen besseren Beton liefern – sowohl im Bau als auch bei nichtstrukturellen Anwendungen“, so Kupwade-Patil. Gleichzeitig trägt selbst die geringe Beimischung von Plastikabfall dazu bei, den Zementbedarf zu verringern – und damit auch die bei dessen Produktion erzeugten CO2-Emissionen.
Und schließlich könnte diese Zweitverwertung von PET-Abfall dabei helfen, die enormen Berge an Plastikmüll zumindest ein wenig schrumpfen zu lassen „Unsere Technologie nimmt das Plastik aus der Deponie und schließt es in Beton ein“, sagt Short. „Dort trägt es dazu bei, die Gebäude stabiler zu machen, während des gleichzeitig die Müllmenge verringert.“ (Waste Management, 2017; doi: 10.1016/j.wasman.2017.09.033)
(Massachusetts Institute of Technology, 27.10.2017 – NPO)