Verlorene Heimat: Den amerikanischen Ureinwohnern im Mississippi-Delta versinkt ihr Land. Durch den steigenden Meeresspiegel und die Bodenabsenkung sind weite Teile ihrer einst trockenen Heimat inzwischen bereits überflutet oder zu Sumpfland geworden. Der Stamm der Dulac-Indianer muss schon jetzt Häuser auf Stelzen bauen. Auf lange Sicht jedoch werden sie ihre angestammte Heimat verlassen müssen – als erste Klimaflüchtlinge der USA.
Auch wenn Donald Trump es nicht wahrhaben will: Der Klimawandel verschont auch die USA nicht – im Gegenteil. Schon jetzt treffen immer heftigere Wirbelstürme das Land, US-Inseln versinken im Meer und mehr als 13 Millionen US-Amerikaner müssen den Prognosen nach künftig mit häufigen Überschwemmungen rechnen. Denn eine Kombination aus Meeresspiegelanstieg und Bodenabsenkung macht vor allem die Südostküste des Landes besonders flutanfällig.
Wasser statt Wälder
Die ersten durch den Klimawandel aus ihrer Heimat vertrieben US-Bürger könnten die Indianer vom Stamm der Grand Caillou/Dulac werden. Diese zu den Choctaw gehörenden Ureinwohner leben seit Generationen im Mississippi-Delta. Doch wo ihre Vorfahren einst trockenen Fußes durch Wiesen und Wälder streiften, erstrecken sich jetzt Sümpfe und Wasserflächen. Nur noch einzelne Bäume auf schmalen Landzungen sind übrig.
„Die Schönheit dieser Landschaft täuscht“, sagt Shirell Parfait-Dardar, Stammesführer der Grand Caillou/Dulac. Denn inzwischen wird ein Großteil ihres Landes auch ohne Sturm immer wieder vom Meer überflutet. Längst mussten die Menschen hier ihre Häuser auf meterhohe Stelzen bauen, damit ihre Habe nicht ständig nass wird. „Alles hat sich verändert und inzwischen ist es so schlimm geworden, dass es nicht mehr zu retten ist“, so Parfait-Dardar.
Ein Prozent Flächenverlust pro Jahr
Schuld am Landverlust der Ureinwohner ist der Mensch: Forscher haben ermittelt, dass allein zwischen 1974 und 1990 im Mittel ein Prozent der Landfläche pro Jahr vom Wasser verschlungen wurde. Ursache ist eine Kombination aus Meeresspiegelanstieg und Bodensenkung. Letztere beträgt wegen der Öl- und Gasentnahmen entlang Küste in dieser Region 12,5 Millimeter pro Jahr – einer der höchsten Werte im Süden der USA.
Schon eine normale Flut kombiniert mit Südwind reichen dadurch aus, um große Teile der noch trockenen Landstriche zu überfluten. Für die Ureinwohner ist damit absehbar, dass sie auf lange Sicht ihre Heimat verlieren werden. Viele jüngere Stammesmitglieder sind bereits weggezogen. Die älteren fürchten jedoch, durch ihren Wegzug auch ihre kulturelle Identität und traditionelle Lebensweise zu verlieren.
Verlust von Heimat und Kultur
„Man verliert nicht einfach nur sein Haus, man verliert auch seine Identität“, sagt Parfait-Dardar. „Wir verlieren damit unsere Kultur und unser Volk.“ Selbst die Gräber ihrer Vorfahren sind inzwischen durch das vorrückende Meer bedroht. Immer wieder werden Särge losgeschwemmt, einige schwimmen davon, bevor sie geborgen werden können.
Den im Mississippi-Delta lebenden Indianerstämmen fehlt das Geld, um ihr Land durch Deiche oder ähnliche Maßnahmen vor der Überflutung zu schützen. Ein Nachbarstamm der Grand Caillou/Dulac wird zurzeit bereits mit staatlicher Hilfe umgesiedelt, Parfait-Dardar und seine Leute könnten die Nächsten sein. Die USA haben damit ihre ersten Klimaflüchtlinge – im eigenen Land.
(Geological Society of America, 24.10.2017 – NPO)