Medizin

Multiresistenter Darmkeim auf dem Vormarsch

Antibiotikaresistenter Escherichia coli-Stamm breitet sich in Deutschland aus

Multiresistente Escherchia coli-Bakterien in einer Abstrichprobe © Universität Gießen

Neue Gefahr: In Deutschland breitet sich ein multiresistenter Stamm des Darmkeims Escherichia coli aus. Die Häufigkeit dieses Bakterienstamms ist inzwischen auf 45 Prozent angestiegen, wie Forscher ermittelt haben. Das Problem dabei: Diese Keime sind gegen gleich mehrere gängige Antibiotika immun und lassen sich daher nur schwer bekämpfen. Vor allem bei Kranken und immunschwachen Patienten kann der Erreger Blasenentzündungen und Blutvergiftung auslösen.

Das Problem ist nicht neu: Es gibt immer mehr Krankheitserreger, die gegen die gängigen Antibiotika resistent sind. Allein in Europa infizieren sich jedes Jahr mehr als 2,5 Millionen Patienten mit solchen multiresistenten „Superkeimen“, darunter dem Krankenhauskeim MRSA oder den sogenannten ESBL-Bakterien, die sich mit dem Enzym Beta-Laktamase gegen die Antibiotika schützen. Beim Darmkeim Escherichia coli sind heute schon die Hälfte aller Proben gegen mindestens einen Wirkstoff immun.

Resistent durch seltenes Gen

Bereits seit einiger Zeit gibt es einen neuen Akteur unter den „Superkeimen“: den multiresistenten Stamm ST131 CTX-M27 von Escherichia coli. Dieser Erregerstamm ist weltweit für Millionen von Infektionen verantwortlich und verursacht vor allem Blutstrominfektionen und Blasenentzündungen. Das Besondere an ihm: Er trägt ein relativ seltenes ESBL-Gen – die Bauanleitung für die schützenden Beta-Laktamase-Enzyme.

Wie stark sich dieser multiresistente Darmkeim bereits in Deutschland ausgebreitet hat, haben nun Forscher des Deutsches Zentrums für Infektionsforschung an der Universität Gießen untersucht. Dafür analysierten sie fast 1.000 Proben von ESBL-produzierenden Bakterien aus Mensch, Tier, Umwelt und Lebensmitteln.

Eigentlich ist der Darmkeim Escherichia coli harmlos, doch einige Stämme können bei anfälligen und geschwächten Menschen schwere Infektionen verursachen. © CDC

In sieben Jahren von 0 auf 45 Prozent

Das Ergebnis: Während diese Erreger im Jahr 2009 noch in keiner deutschen Probe gefunden wurden, hat sich dies bis 2016 deutlich geändert: In 45 Prozent menschlicher Stuhlproben haben die Wissenschaftler inzwischen den multiresistenten E- coli-Stamm nachgewiesen. Den höchsten Anteil dieses Bakteriums fanden sie in den jüngsten Proben.

Diese Funde belegen, dass sich dieser Bakterienstamm in Deutschland rapide ausbreitet. Welche Folgen dies für Patienten vor allem in Krankenhäusern hat und wie sich dieser Keim in seinem Verhalten von den bisher vornehmlich kursierenden resistenten E.coli-Stämmen unterscheidet, muss noch untersucht werden.

Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert ihre Studie aber, wie wichtig die gezielte Überwachung multiresistenter Keime ist. Sie zeigt zudem, wie entscheidend moderne Verfahren wie die Genomsequenzierung sind, um die Bakterienstämme und ihre jeweiligen Resistenzmechanismen zu identifizieren. (Emerging Infectious Diseases, 2017; doi: 10.3201/eid2310.170938)

(Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, 24.10.2017 – NPO)

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