Überraschend ausgedehnt: Der berühmte Geysir Old Faithful hat ein größeres Wasserreservoir als gedacht. Das ihn speisende Netz aus Rissen und Spalten hat einen Durchmesser von rund 200 Metern, wie seismische Messungen enthüllen. In diesem bis zu 60 Meter tiefen Reservoir sind rund 300 Millionen Liter Wasser gespeichert und werden ständig wieder aufgefüllt. Überraschend auch: Die stärksten Erschütterungen verursacht der Geysir nicht direkt vor der Eruption.
Der Geysir „Old Faithful“ im Yellowstone Nationalpark in den USA ist einer der bekanntesten Geysire weltweit. Alle rund 90 Minuten schießt er bis zu 30.000 Liter heißes Wassers rund 30 bis 50 Meter hoch in die Luft. Gespeist wird der Geysir von Grundwasser, das durch die Hitze der beiden Magmakammern des Yellowstone-Supervulkans bis auf rund 120 Grad aufgeheizt wird.
Doch so berühmt Old Faithful auch ist, längst sind nicht alle seine Geheimnisse enthüllt. So kennen Geologen zwar den groben Eruptionsmechanismus, doch gerade die oberen Bereiche seines hydrothermalen Reservoirs wurden bisher nie komplett kartiert.
Erschütterungen als Kartierungshilfe
Einer der Gründe dafür: Das feste Netzwerk von 30 Seismometern im Yellowstone-Park ist zu grobmaschig, um die feinen Zuleitungen und Strukturen unter dem Geysir auflösen zu können. Eine Messkampagne von Robert Smith von der University of Utah und seinem Team hat dies nun geändert. Sie platzierten 133 Mini-Seismometer rund um den Geysir und zeichneten zwei Wochen lang jede Erschütterung des Untergrunds auf.
Der Trick dabei: „Wir nutzen die Erschütterungen, die von Menschen, Autos, dem Wind, Wasser und vom hydrothermalen Brodeln des Geysirs erzeugt werden, um unsere Daten zu gewinnen“, erklärt Smith. Aus der Art, wie diese Erschütterungen vom Untergrund reflektiert und gestreut wurden, konnten die Forscher rekonstruieren, wie es rund um den Geysir unmittelbar unter der Erdoberfläche aussieht.
Größer als gedacht
Das Ergebnis: Das Reservoir, aus dem Old Faithful sein heißes Wasser bezieht, ist unerwartet groß und komplex. Das Gewirr aus Spalten, Rissen und Kammern hat einen Durchmesser von rund 200 Metern. Insgesamt fasst dieses hydrothermale System rund 300.000 Kubikmeter Wasser – das entspricht 300 Millionen Litern.
„Das ist zwar nur eine grobe Schätzung, aber wir waren überrascht, dass das Reservoir so groß ist“, sagt Smiths Kollege Sin-Mei Wu. Der Großteil dieses Reservoirs liegt dabei nicht direkt unter der Austrittsöffnung des Geysirs, sondern rund 100 Meter südwestlich davon. Die Leitungen und Kammern reichen dabei nur bis in rund 60 Meter Tiefe, wie die Wissenschaftler berichten.
Ruhe vor der Eruption
Überraschend auch: Die stärksten Erschütterungen erzeugt Old Faithful nicht etwa unmittelbar vor einem seiner regelmäßigen Ausbrüche, wie Smith erklärt. Stattdessen speit der Geysir sein Wasser erst kurz bevor wieder alles ruhig wird. Der Grund: „Wenn sich das Reservoir füllt, gibt es dort eine Menge unter Druck stehender Gasblasen“, erklärt Smith. „Wenn diese aufsteigen, implodieren sie.“
Die von diesem massenhaften Kollaps von Blasen freigesetzte Energie ist es, die den Untergrund vor einer Eruption erzittern lässt, wie der Geologe erklärt. In die Höhe schießt das heiße Wasser erst dann, wenn die meisten Blasen im engen Eruptionskanal geplatzt sind und der freigesetzte Dampf das heißes Wasser unter hohem Druck nach oben drückt. (Geophysical Research Letters, 2017; doi: 10.1002/2017GL075255)
(University of Utah, 09.10.2017 – NPO)