Geowissen

Vulkane können einen El Nino auslösen

Schwefeldioxid aus tropischen Eruptionen begünstigt Entstehung der Klimaanomalie

Ein starker Vulkanausbruch in den Tropen kann einen El Nino verstärken oder sogar auslösen. © NASA

Überraschender Zusammenhang: Wenn in den Tropen ein Vulkan ausbricht, kann das im Folgejahr einen El Nino auslösen, wie eine Studie enthüllt. Denn das beim Ausbruch freigesetzte Schwefeldioxid verändert vor allem das Klima über Afrika und dem Westpazifik – und dies fördert die pazifische Klimaanomalie, die regelmäßig weltweit für Wetterkatastrophen sorgt. Wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten, könnte dieser Zusammenhang dabei helfen, El Nino-Ereignisse künftig besser als bisher vorherzusagen.

Die El Nino Southern Oscillation (ENSO) ist eine der prägenden Klimakapriolen unseres Planeten. Alle paar Jahre erwärmt sich der äquatoriale Pazifik ungewöhnlich stark und gleichzeitig schwächen sich die Passatwinde ab. Dadurch wird nicht nur die normalerweise kalte Meeresströmung vor Südamerika blockiert, auch großen Luftströmungen ändern sich. Die Folge sind Wetteranomalien in der gesamten Pazifikregion und teilweise sogar weltweit.

Das Problem: Bisher lässt sich ein El Nino nur schwer vorhersagen. Zwar sind erhöhte Meerestemperaturen im Frühjahr ein Indiz dafür, dass sich im Folgejahr ein El Nino entwickeln könnte. Was aber diese Klimakapriole konkret auslöst und welche externen Treiber es dafür gibt, ist bislang unklar.

Historische Eruptionen als Modellfall

Einer der möglichen Einflussfaktoren sind tropische Vulkanausbrüche: Sie können große Mengen an klimawirksamen Gasen in die Atmosphäre schleudern und so das regionale, aber auch globale Klima beeinflussen. Schon länger vermuten Forscher daher, dass ein solcher Ausbruch auch das Auftreten eines El Nino fördern oder aber hemmen könnte.

Ob ein großer Vulkanausbruch in den Tropen den El Nino beeinflusst und wie, haben nun Myriam Khodri von der Universität Paris und ihre Kollegen untersucht. Für ihre Studie werteten sie Daten zu fünf großen tropischen Eruptionen aus der Zeit von 1870 bis 2010 aus und prüften in 26 Klimamodellen, wie der Ausstoß des klimawirksamen Schwefeldioxids Temperaturen und Luftströmungen veränderte und wie sich dies auf den ENSO auswirkte.

Der Ausbruch des Pinatubo im Sommer 1991 setzte Millionen Tonnen Schwefeldioxid frei - und das wirkte sich auf das pazifische Klima aus. © Dave Harlow/ USGS

Effekt mit Zeitverzögerung

Das überraschende Ergebnis: Vulkanausbrüche mit starkem Schwefeldioxid-Ausstoß können tatsächlich einen El Nino heraufbeschwören. Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Wärmestau im äquatorialen Pazifik steigt nach einer solchen Eruption um 30 bis 60 Prozent, wie die Simulationen ergaben. Bahnt sich ohnehin gerade ein El Nino an, dann kann eine Eruption seine Dauer verlängern, herrscht gerade eine La Nino, wird diese verkürzt.

Doch auch wenn der Pazifik gerade in neutralem Zustand ist, kann ein tropischer Vulkanausbruch einen El Nino hervorrufen. Dieser folgt dann typischerweise nicht direkt nach der Eruption, sondern mit Zeitverzögerung: erst Ende des folgenden Jahres. „Unsere Ergebnisse sprechen für eine klare Tendenz tropischer Ausbrüche, eine El-Nino-artige Reaktion im Folgejahr auszulösen“, so Khodri und ihre Kollegen.

Aerosole beeinflussen Luftströmungen

Auf welche Weise die Eruption den El Nino fördert, zeigt das Beispiel des Pinatubo-Ausbruchs im Sommer 1991: Bei dieser Eruption gelangten rund 20 Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die Atmosphäre. Die dabei entstehenden Aerosole führen zu einer Klimaabkühlung vor allem über den tropischen Landmassen Afrikas, wie die Forscher erklären. Diese Abkühlung und eine verstärkte Trockenheit lösen Windanomalien über dem Westpazifik aus. Über das Folgejahr hinweg führen diese Anomalien dazu, dass sich vermehrt warmes Wasser im Westpazifik ansammeln kann.

„Wenn sich der nächste Vulkanausbruch ereignet, können wir durch diese Zusammenhänge besser vorhersagen, wie die ENSO-Saison verlaufen wird“, sagt Koautor Alan Robock von der Rutgers University. „Alles war wir benötigen ist im Prinzip eine Zahl: Wie viel Schwefeldioxid dabei in die Stratosphäre gelangt.“ (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/s41467-017-00755-6)

(Rutgers University, 05.10.2017 – NPO)

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